Toxic Positivity: Wie erzwungener Optimismus schaden kann
Manchmal kann zu viel des Guten schaden: Toxic Positivity ist das Phänomen, bei dem forcierter Optimismus negative Gefühle verdrängt und dadurch mehr schadet als hilft. Dies wird besonders im Arbeitsumfeld deutlich, wo übertriebene Positivität schwerwiegende Folgen haben kann.
Ihr seid mit eurer Arbeit überfordert und wendet euch an einen Kollegen. Statt Verständnis bekommt ihr nur zu hören: “Ach, es könnte schlimmer sein, alles in allem ist es doch ganz gut hier”. Solche Reaktionen haben einen Namen: Toxische Positivität.
Die Anxiety and Depression Association of America beschreibt das Phänomen als das Beharren auf positivem Denken, unabhängig von der Situation. Dies kann dazu führen, dass Menschen ihre eigenen negativen Emotionen ignorieren oder die anderer abweisen. Sätze wie “Das wird schon” oder “Sei einfach dankbar“ erscheinen harmlos, können jedoch das Gefühl vermitteln, dass negative Gefühle ungerechtfertigt oder unerwünscht sind.
Wie zeigt sich Toxic Positivity im Arbeitsumfeld?
In Unternehmen manifestiert sich Toxic Positivity oft in der Forderung nach ständiger guter Laune, unabhängig von den Umständen. Dies kann sich folgendermaßen äußern:
· Herunterspielen von Problemen: Mitarbeiter werden dazu gedrängt, Herausforderungen als unwichtig abzutun.
· Zwangsoptimismus: Phrasen wie “Hard work pays off“ oder “Think positive“ werden genutzt, um konstruktive Kritik zu vermeiden.
· Leugnung von Emotionen: Negative Gefühle werden nicht akzeptiert, was zu innerem Druck führen kann.
Negative Auswirkungen von Toxic Positivity
· Emotionale Unterdrückung: Die ständige Verdrängung negativer Emotionen kann langfristig zu psychischen Problemen wie Stress, Burn-out oder Depressionen führen.
· Gefühl von Isolation: Mitarbeiter, die sich nicht authentisch zeigen können, fühlen sich entfremdet und weniger verbunden.
· Rückgang der Produktivität: Wenn echte Probleme ignoriert werden, werden Lösungen erschwert, was sich negativ auf die Teamdynamik und den Erfolg auswirkt.
Warum entsteht Toxic Positivity?
Oft resultiert diese Haltung aus gut gemeinten Absichten: Arbeitgeber möchten ihre Teams motivieren, Mitarbeiter wollen Harmonie wahren. Doch die Angst vor Konfrontation oder Unzufriedenheit kann dazu führen, dass schwierige Themen nicht angesprochen werden. In einigen Fällen fördern Unternehmen bewusst eine Kultur der übertriebenen Positivität, um Kritik oder Unzufriedenheit zu unterdrücken.
Wie man Toxic Positivity vermeidet
1. Authentizität fördern: Schafft ein Umfeld, in dem alle offen über ihre Gefühle sprechen können, ohne Angst vor Bewertung oder Konsequenzen. Das gilt für Kolleg*innen ebenso wie für Führungskräfte.
2. Empathie zeigen: Hört aktiv zu und erkennt die Gefühle eurer Mitmenschen an. Statt Sätze wie “Schau auf die positive Seite“ zu verwenden, versucht es mit: “Das klingt schwer. Wie kann ich dich unterstützen?“
3. Konstruktive Kommunikation: Sprecht offen über Herausforderungen und sucht gemeinsam nach Lösungen. Führungskräfte sollten dabei den Dialog fördern, aber auch Angestellte können dazu beitragen, ein ehrliches Arbeitsumfeld zu schaffen.
4. Professionelle Hilfe und Selbstfürsorge: Nutzt Ressourcen wie psychologische Unterstützung oder Team-Workshops, um Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln. Achtet dabei auch auf eure eigene mentale Gesundheit.
Gefühle – ob positiv oder negativ – sind ein essenzieller Bestandteil menschlicher Erfahrungen. Während Optimismus hilfreich sein kann, ist es ebenso wichtig, negative Emotionen zuzulassen und zu verarbeiten. Unternehmen, die eine Balance zwischen Positivität und Authentizität schaffen, fördern nicht nur das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter, sondern auch eine ehrlichere und produktivere Arbeitskultur.
Bild: Freepik.com