Ghost Jobs: Wenn Stellenanzeigen nur der Imagepflege dienen

Unternehmen schalten gezielt Anzeigen für nichtexistierende Positionen, um Wachstum zu signalisieren oder Konkurrenten auszuspionieren. Bewerber können sich mit gezielten Strategien schützen.
Ghost Jobs sind Stellenanzeigen für Positionen, die nicht wirklich existieren oder nicht aktiv besetzt werden.
Rund 40 Prozent der Unternehmen nutzen Ghost Jobs zur Imagepflege, Marktforschung und Vorbereitung auf künftige Stellenbesetzungen. Zwei Drittel berichten sogar von positiven Umsatzauswirkungen.
Das Phänomen führt zu Zeitverschwendung und Frustration bei Bewerbern.
Jobsuchende sollten auf Warnsignale achten, wie lang andauernde Ausschreibungen, vage Stellenbeschreibungen und fehlende Angaben auf Unternehmensseiten.
Networking und direkte Kontakte sind oft erfolgversprechendere Alternativen zur klassischen Online-Bewerbung.
Jobsuchende investieren oft erhebliche Zeit in die Bewerbung auf Positionen, die faktisch nicht existieren. Diese sogenannten Ghost Jobs betreffen nach einer Umfrage der Karriere-Website Resume Builder 40 Prozent aller Unternehmen, die im vergangenen Jahr entsprechende Anzeigen geschaltet haben. Die Karrierepädagogin Aaron McGoff erklärt die Hintergründe des Phänomens und zeigt Strategien auf, wie Bewerber solche Fallen erkennen können.
Strategische Motive hinter Ghost Jobs
Unternehmen verfolgen mit nichtexistierenden Stellenanzeigen verschiedene Ziele. Ein zentraler Aspekt ist die Außendarstellung: Firmen, die kontinuierlich Stellen ausschreiben, vermitteln den Eindruck von Wachstum und wirtschaftlichem Erfolg. Diese Wahrnehmung kann sich positiv auf die Marktposition und das Unternehmensimage auswirken.
Eine weitere Motivation liegt in der Informationsbeschaffung. Unternehmen nutzen den Bewerbungsprozess gezielt, um Einblicke in die Arbeitsweise von Konkurrenten zu erhalten. Durch Interviews mit Angestellten anderer Firmen sammeln sie strategische Informationen über Produktentwicklungen, Marktstrategien oder interne Abläufe.
Nicht alle Beweggründe sind jedoch manipulativ. Manche Unternehmen bereiten sich auf zukünftige Expansionspläne vor. Wenn etwa eine Finanzierungsrunde bevorsteht oder ein Auftrag erwartet wird, können sie bereits vorab geeignete Kandidaten identifizieren und den Einstellungsprozess beschleunigen.
Die rechtliche Verfolgung von Ghost Jobs erweist sich als schwierig. Obwohl irreführende Werbung grundsätzlich illegal ist, lässt sich nur schwer beweisen, ob eine Stellenanzeige authentisch ist oder nicht. Unternehmen können stets argumentieren, dass sich die Umstände geändert haben oder die Position intern besetzt wurde.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind messbar: 68 Prozent der befragten Unternehmen berichten positive Auswirkungen auf den Umsatz, 77 Prozent von gesteigerter Produktivität durch Ghost-Job-Praktiken. Diese Zahlen erklären, warum sich das Phänomen trotz der Belastung für Jobsuchende fortsetzt.
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Technologische Verstärkung des Problems
Obwohl es noch keine Korrelationsstudien gibt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Phänomen einen Teil zur aktuellen Arbeitsmarktsituation beiträgt: 2024 führten nur noch 4 von 10 Stellenanzeigen zu einer Einstellung, verglichen mit 8 von 10 im Jahr 2020. Die Häufigkeit variiert dabei je nach Branche: In der Beratungsbranche stieg der Anteil der Ghost Jobs auf 31 Prozent im zweiten Quartal 2024.
Moderne Technologie verstärkt das Ghost-Job-Phänomen. KI-Algorithmen ermöglichen es Unternehmen, diese Anzeigen schneller zu erstellen und zu verbreiten, was zu einer Flut unpersönlicher und irreführender Stellenausschreibungen führt. Bewerber sehen sich einem "Wettrüsten" gegenüber, bei dem sie immer mehr Bewerbungen verschicken müssen, um ihre Chancen zu wahren.
Dass rein strategische Jobplatzierungen eine psychologische Belastung für Jobsuchende darstellen, ist offensichtlich. Die Auswirkungen von Ghost Jobs gehen jedoch über reine Zeitverschwendung hinaus. Sie tragen zur erhöhten Bewerbungsangst bei: 79 Prozent der Arbeitnehmer in den USA berichten von verstärkter Angst und Unsicherheit bei der Jobsuche. Zudem führen sie zu Frustration und untergraben das Vertrauen in den Einstellungsprozess.
Erkennungsmerkmale von Ghost Jobs
Mehrere Indikatoren können auf nichtexistierende Stellen hinweisen. Stellenanzeigen, die länger als 60 bis 90 Tage online stehen, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Reguläre Positionen werden typischerweise binnen weniger Wochen besetzt, während Ghost Jobs dauerhaft online bleiben.
Die Bewerberzahl liefert einen weiteren Hinweis. Anzeigen mit mehreren Hundert oder Tausend Bewerbungen deuten oft darauf hin, dass keine aktive Besetzung stattfindet. Stattdessen dienen sie der Datensammlung oder der Marktbeobachtung.
Vage Stellenbeschreibungen mit übertriebenen Formulierungen wie "Superstar Sales Guru" oder unklaren Aufgabenbereichen sind ebenfalls verdächtig. Seriöse Arbeitgeber formulieren Anforderungen und Tätigkeiten präzise und realitätsnah.
Ein praktischer Prüfschritt besteht darin, die Stellenanzeige auf der offiziellen Unternehmenswebsite zu suchen. Positionen, die nur auf Drittplattformen, nicht aber auf der Karriereseite des Unternehmens erscheinen, können Ghost Jobs sein.
Der direkte Kontakt mit dem Recruiter oder der Personalabteilung schafft Klarheit. Eine konkrete Nachfrage zum Status der Position und dem Zeitplan des Auswahlverfahrens kann aufschlussreiche Antworten liefern. Ausweichende Reaktionen oder das Ausbleiben einer Antwort können als Warnsignale gewertet werden.
Networking als Alternative
Aaron McGoff empfiehlt Jobsuchenden, verstärkt auf Networking zu setzen. Persönliche Kontakte und Empfehlungen umgehen die Problematik von Ghost Jobs vollständig und führen oft zu besseren Karrierechancen als anonyme Bewerbungen über Jobportale.
Branchenveranstaltungen, Fachkonferenzen oder berufliche Netzwerke bieten Gelegenheiten, direkte Kontakte zu knüpfen. Diese Strategie erfordert zwar mehr Aufwand als das Versenden von Bewerbungsunterlagen, führt aber zu authentischen Gesprächen über tatsächlich verfügbare Positionen.
Bild: KI-generiert mit Sora
Frequently Asked Questions (FAQ):
Was sind Ghost Jobs?
Ghost Jobs sind Stellenanzeigen für Positionen, die nicht wirklich existieren oder nicht aktiv besetzt werden.
Warum schalten Unternehmen Ghost Jobs?
Zum einen, um Wachstum und wirtschaftlichen Erfolg nach außen zu zeigen, zum anderen, um Bewerbungsprozesse für strategische Informationsbeschaffung zu nutzen oder sich auf zukünftige Stellenbesetzungen vorzubereiten.
Wie erkenne ich eine Ghost Job-Anzeige?
Typische Merkmale sind sehr lange Laufzeiten der Anzeige, eine hohe Bewerberanzahl ohne Auswahlprozess, vage oder übertriebene Stellenbeschreibungen und das Fehlen der Anzeige auf der offiziellen Unternehmenswebsite.
Sind Ghost Jobs legal?
Irreführende Stellenanzeigen sind grundsätzlich illegal, aber in der Praxis schwer zu beweisen, da Unternehmen oft auf sich ändernde Umstände verweisen können.
Welchen Einfluss haben Ghost Jobs auf den Arbeitsmarkt?
Sie führen zu ineffizientem Bewerbungsaufwand, Frustration bei Jobsuchenden und können die Wahrnehmung des Arbeitsmarkts verzerren.
Wie kann ich mich als Bewerber vor Ghost Jobs schützen?
Prüfe die Anzeige auf der Unternehmensseite, frage direkt beim Recruiter nach, und setze auf Networking und persönliche Kontakte statt nur auf Online-Bewerbungen.
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