Kompetenzen statt Diplome? Die neue Währung des Arbeitsmarkts

Kompetenzen statt Diplome? Die neue Währung des Arbeitsmarkts

Formale Abschlüsse allein entscheiden nicht mehr über Erfolg und Wettbewerbsfähigkeit. Warum Kompetenzen zur neuen Erfolgswährung werden, zeigt dieser Artikel. 

Traditionell gelten formale Bildungsabschlüsse als die entscheidenden Eintrittskarten in die Arbeitswelt. So steht ein Hochschulabschluss für Wissen, Disziplin und eine gewisse Expertise. Unternehmen beginnen jedoch daran zu zweifeln. Ein vierjähriges Studium ist in einer Zeit, in der praktische Fähigkeiten und solide Referenzen zunehmend wichtiger werden, immer weniger ein Garant für Kompetenz am Arbeitsplatz oder künftigen Erfolg.

Die sich verändernde Landschaft beruflicher Qualifikationen

Jüngste Umfragen zeigen den Wandel der Einstellungsperspektiven. McKinsey berichtet, dass 81 Prozent der Personalverantwortlichen inzwischen bewusst interne Stellen identifizieren, für die kein traditionelles vierjähriges Hochschulstudium erforderlich sei. Bemerkenswerterweise hat sich gezeigt, dass die Einstellung von Mitarbeitern aufgrund ihrer Fähigkeiten eine fünfmal bessere Vorhersagekraft für die Arbeitsleistung hat als die Einstellung aufgrund ihrer Ausbildung und mehr als doppelt so gut wie die Einstellung aufgrund ihrer Berufserfahrung.


Die Daten unterstreichen einen wichtigen Trend am Arbeitsplatz: Arbeitnehmer ohne Hochschulabschluss bleiben in der Regel um 34 Prozent länger in ihrem Beruf als Kollegen mit Hochschulabschluss. Darüber hinaus räumen 87 Prozent der Führungskräfte ein erhebliches Qualifikationsdefizit in ihrer Belegschaft ein. Das deutet darauf hin, dass die traditionellen Bildungswege nur schwierig mit den sich wandelnden beruflichen Anforderungen Schritt halten können.


Beispiel Marketing: Eine Fachkraft mit herausragenden SEO- und Social-Media-Kenntnissen kann sich als wertvoller erweisen als jemand mit einem allgemeinen Marketing-Abschluss. Ähnlich bringen Softwareentwickler, die intensive Bootcamps oder ein Selbststudium absolviert haben, oft topaktuelles praktisches Wissen mit. Damit können traditionelle akademische Wege nur mühsam mithalten.

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Zunehmende Technologisierung als Treiber der Skills Economy

Dieser Übergang hin zu einer Skills Economy steht in Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Wandel und vor allem der zunehmenden Beschleunigung des technologischen Fortschrittes. Der Future of Jobs Report 2025 des Weltwirtschaftsforums prognostiziert, dass sich bis 2030 knapp 40 Prozent der Arbeitsplatz-Qualifikationen grundlegend verändern werden. Es sollen 170 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, während 92 Millionen wegfallen. Als größtes Hindernis ihrer Unternehmensentwicklung sehen 63 Prozent der Arbeitgeber hier Qualifikationslücken.


Lange Qualifikationswege werden somit immer ineffizienter, denn allein bis 2030 müssen laut Report-Einschätzungen 59 von 100 Arbeitnehmer um- oder weitergebildet werden. Vor allem nach technologischen Fähigkeiten in Bereichen wie KI, Big Data und Cybersicherheit soll die Nachfrage rapide steigen – parallel sollen menschliche Fähigkeiten wie kreatives Denken, Resilienz und Flexibilität entscheidend bleiben.


Das bedeutet, dass die erfolgreichsten Fachkräfte nicht mehr die mit den beeindruckendsten Zeugnissen sind, sondern jene, die Anpassungsfähigkeit und Engagement für eine ständige Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten unter Beweis stellen. 77 Prozent der Arbeitgeber planen Weiterbildungen als Reaktion auf technologische Veränderungen, während gleichzeitig 41 Prozent Personalreduzierungen durch KI-Automatisierung in Betracht ziehen.


Die Bereitschaft von Unternehmen und Beschäftigten in das Up- und Reskilling zu investieren ist gleichermaßen wichtig. Wie eine Umfrage der Society for Human Resource Management aus dem Jahr 2018 ergab, hätten 77 Prozent der Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verlassen haben, mit besseren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten gehalten werden können.

Sich verändernde Anforderungen an akademische Bildung

Trotz der wachsenden Bedeutung eines kompetenzbasierten Ansatzes bleibt die akademische Bildung ein wesentlicher Bestandteil beruflicher Qualifikation. Allerdings verändert sich deren Bedeutung grundlegend. Der Wert eines Studiums könnte sich künftig weniger in der Vermittlung unmittelbar anwendbarer Hard Skills spiegeln, sondern vielmehr in der Fähigkeit, komplexe und interdisziplinäre Zusammenhänge zu verstehen, kritisch zu hinterfragen und langfristige strategische Entscheidungen zu treffen. Akademische Abschlüsse könnten zunehmend als Fundament für das tiefere Verständnis großer, universeller Themenkomplexe und konzeptioneller Denkweisen dienen, während kurzfristig gefragte technische Fertigkeiten durch praxisnahe Weiterbildungsangebote oder spezialisierte Module erworben werden.


Ein entscheidender Wandel zeigt sich in der steigenden Relevanz von Industriewissen und analytischem Denken als Soft Skills. In einer zunehmend automatisierten Welt, in der technische Aufgaben durch KI-gestützte Systeme übernommen werden, wird das Verständnis für Marktmechanismen, Branchenentwicklungen und betriebliche Abläufe wichtiger. Unternehmen benötigen Fachkräfte, die über ein fundiertes Wissen in ihrem Fachbereich hinausblicken und Veränderungen vorausschauend einordnen können.


Daher müssen Studiengänge flexibler und modularer gestaltet werden, um den dynamischen Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht zu werden. Der traditionelle Bildungsweg mit einem starren, mehrjährigen Studium weicht zunehmend individualisierten Lernpfaden, die es den Studierenden ermöglichen, Ausbildung bedarfsgerecht anzupassen und kontinuierlich zu erweitern. Micro-Credentials, branchenspezifische Zertifikate und praxisorientierte Weiterbildungsprogramme werden zu wertvollen Ergänzungen eines akademischen Curriculums.


In dieser neuen Bildungslandschaft wird es darauf ankommen, eine Balance zwischen fundierter akademischer Wissensvermittlung und anpassungsfähigen, praxisnahen Fähigkeiten zu schaffen. Unternehmen, die diesen Wandel unterstützen, können nicht nur innovativer agieren, sondern auch sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden in einer sich rasant entwickelnden Arbeitswelt wettbewerbsfähig bleiben.


Bild: Freepik.com

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