Mehr als Gehalt: Was wirklich glücklich im Job macht
Zufrieden im Beruf – ein Wunsch, der die meisten Menschen umtreibt. Doch welche Faktoren sind für das Arbeitsglück verantwortlich? Zwei aktuelle Untersuchungen liefern Antworten.
Die glücklichsten Menschen im Job verfolgen nicht zwanghaft den Traum von der perfekten Karriere. Zu diesem Schluss kommen die Harvard-Forscher Michael B. Horn und Ethan Bernstein sowie Bob Moesta, Gründer und CEO des Beratungsunternehmens The Re-Wired Group, in ihrem gemeinsamen Buch Job Moves, für das sie mehr als 1.000 Angestellte aller Einkommensstufen befragt haben.
Dem Buch zufolge setzen die glücklichsten Umfrageteilnehmer auf kontinuierliche Weiterentwicklung und die Erkenntnis, dass kein Job alle Wünsche erfüllen kann. Sie setzen Prioritäten, erkennen, was sie antreibt, und gehen bewusst mit den notwendigen Kompromissen um.
Ein Aspekt, den die Forscher hervorheben, ist die Bedeutung von Flexibilität. Fortschritt muss nicht immer eine Beförderung oder ein höheres Gehalt bedeuten. Es kann auch bedeuten, einen Job anzunehmen, der eine bessere Work-Life-Balance bietet, oder in eine Branche zu wechseln, die einem mehr liegt. Entscheidend ist, dass die Arbeit zu den eigenen Werten passt.
Michael B. Horn betont: „Wer sich über die eigenen Prioritäten im Klaren ist, kann fundierte Entscheidungen treffen und kommt seinen langfristigen Zielen näher.“ Diese Denkweise bringt nicht nur berufliche Klarheit, sondern fördert auch eine positivere Einstellung zur Arbeit.
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Die drei Säulen des Arbeitsglücks
In Deutschland erlaubt der aktuelle Work-Happiness-Report des Marktforschungsinstituts Appinio und des Softwareunternehmens Awork eine andere Perspektive auf das Arbeitsglück: Von den über 1.000 Befragten gibt die Mehrheit an, mit ihrer Arbeit glücklich zu sein.
Die Studie identifiziert drei zentrale Faktoren: Sinnempfinden, Selbstverwirklichung und Gemeinschaftsgefühl. Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit als sinnvoll empfinden, sich im Job entfalten können und Teil eines unterstützenden Teams sind, berichten von einer tieferen Zufriedenheit und Erfüllung. Unternehmen, die diese Aspekte fördern, haben nicht nur glücklichere Mitarbeiter, sondern sind auch produktiver und erfolgreicher. Eine Win-win-Situation, die verdeutlicht, wie wichtig eine positive Unternehmenskultur ist.
Doch das Arbeitsglück variiert stark zwischen den Branchen. In der Tech-Branche führen flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, Projekte frei zu wählen, zu besonders hohen Zufriedenheitswerten. Dagegen haben Berufsgruppen im Gesundheitssektor trotz der sinnstiftenden Natur ihrer Arbeit mit Erschöpfung zu kämpfen, da hohe Arbeitsbelastung und geringe Handlungsspielräume die Zufriedenheit schmälern. Auch im Finanzsektor, wo starre Arbeitsprozesse und ein fehlendes Sinnempfinden dominieren, bleibt das Arbeitsglück oft auf der Strecke. Dabei zeigt die Studie eindrucksvoll, dass Gehalt allein nicht ausschlaggebend ist: Fast drei Viertel der Befragten wären bereit, auf einen Teil ihres Einkommens zu verzichten, um eine erfüllendere Arbeit zu finden – ein Hinweis darauf, wie zentral das emotionale und soziale Umfeld für die Zufriedenheit ist.
Die Rolle der Führung und Flexibilität
Ein weiterer wesentlicher Faktor, der in beiden Studien deutlich wird, ist die Bedeutung von Führung und Flexibilität. Gute Vorgesetzte und eine unterstützende Teamkultur tragen maßgeblich zum Arbeitsglück bei. Gleichzeitig zeigen die Daten, dass flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice oder die Viertagewoche das Wohlbefinden erheblich steigern können.
Das Gegenteil ist jedoch ebenfalls wahr: Schlechte Führung und starre Strukturen können schnell Unzufriedenheit und Frust auslösen. Viele Arbeitnehmer sind sogar bereit, finanzielle Einbußen in Kauf zu nehmen, um in einem angenehmeren Arbeitsumfeld tätig zu sein.
Glücklich, aber trotzdem wechselbereit?
Trotz all der Erkenntnisse bleibt ein interessantes Paradoxon bestehen: Auch wenn viele Menschen ihre Arbeit als erfüllend empfinden, denken erstaunlich viele über einen Wechsel nach. Ein Drittel der deutschen Befragten gibt an, regelmäßig mit dem Gedanken zu spielen, den Job zu wechseln. Besonders Menschen, die ihr eigenes Arbeitsglück als gering einschätzen, sind dazu bereit.
Die Gründe hierfür sind vielfältig. Einerseits kann ein Wechsel neue Perspektiven und Chancen eröffnen. Andererseits zeigt sich, dass Arbeitsglück kein statischer Zustand ist. Es entwickelt sich weiter, abhängig von persönlichen und beruflichen Veränderungen.
Glück ist individuell und dynamisch
Die Studien lassen einen Schluss zu: Es gibt keinen universellen Weg zum Arbeitsglück. Fortschritt, Sinn, Gemeinschaft und Selbstverwirklichung sind wichtige Bausteine, doch die Gewichtung dieser Faktoren variiert von Person zu Person.
Wer sich die Zeit nimmt, die eigenen Prioritäten zu hinterfragen und mutig Entscheidungen zu treffen, die zu den eigenen Werten passen, ist auf einem guten Weg. Und auch wenn Perfektion unerreichbar ist, zeigt der Fokus auf Fortschritt, dass kleine Schritte oft die größten Veränderungen bewirken können.
Denn letztlich geht es nicht darum, den perfekten Job zu finden, sondern einen, der uns näher zu einem erfüllten Leben bringt.
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