Weiterbildung: Was IT-Führungskräfte können sollten
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Ein Bericht von Manuel Heckel veröffentlicht am
Wenn IT-Spezialisten zu Führungskräften aufsteigen, müssen sie Fachwissen in fremden Gebieten aufbauen - um Probleme im neuen Job zu vermeiden.
Erst kommen die Glückwünsche, dann folgt das Grübeln: Nach der Freude über eine Beförderung erschrecken viele Mitarbeiter, wenn ihnen die gewachsene Verantwortung bewusst wird. Eine klassische Herausforderung, gerade für viele IT-Spezialisten: Mit den ersten erfolgreichen Projekten qualifizieren sie sich für höhere Aufgaben. Doch mit jeder Beförderung ist auch mehr Wissen aus anderen Bereichen gefragt.
Vor einigen Jahren haben die Berufsberater des Staufenbiel-Instituts in Unternehmen nachgefragt, worauf sie bei Informatikern neben dem Fachwissen achten. Berufserfahrung und Englischkenntnisse standen dabei ganz weit vorne. Aber auch Grundlagen in Betriebswirtschaftslehre wurden gewünscht. "Es geht nicht darum, überall ein Spezialist auf Zertifikatslevel zu sein", sagt Achim Dehnert, Dekan der Fakultät für Informationsmanagement an der Hochschule Neu-Ulm, "sondern ein gutes Verständnis für die Herausforderungen des jeweiligen Themas zu haben."
Je höher ein ITler aufsteigt, desto eher wird aus dieser Wunschliste der Firmen ein Pflichtprogramm. Denn ohne Rundumwissen lässt sich der neue Arbeitsalltag nicht mehr bewerkstelligen - mit etwas Pech kann das sogar zu ernsthaften Problemen führen, wenn innerhalb des Verantwortungsbereichs etwas schiefläuft. Denn mit einer höheren Position kommt auch die Pflicht, sich um saubere Kennzahlen und rechtlich einwandfreie Arbeitsverträge für die Team-Mitglieder zu kümmern.
Vom Code zu den Unternehmenskennzahlen
Häufig sind die frisch aufgestiegenen IT-Manager dabei auf sich allein gestellt. Denn nicht immer wird ein Karriereschritt vom Arbeitgeber mit dem notwendigen Paket an Fortbildungen begleitet. Das bedeutet: Ein eigener Lehrplan muss her, um sich den kommenden Aufgaben zu stellen. Dieses Fortbildungspaket ist dabei für jeden Informatiker individuell. Das Programm hänge "stark von der Ausgangs- und der potenziellen Zielposition ab", sagt Anne Nölling, Director Corporate Information der Deutschen Medienakademie, die eng mit Eco, dem Verband der Internetwirtschaft, kooperiert.
Mit einem besseren Verständnis von Bilanzen und Unternehmenskennzahlen geht es häufig los. Wer als Team-Lead den Online-Shop überarbeitet, muss wissen, welche Informationen für den Umsatz wichtig sind. Und wer als IT-Experte zum Projektleiter für neue Geschäftsmodelle wird, muss neben der IT-Umsetzung auch die Kalkulation im Blick haben.
Üben kann man bei sich selbst. "Wenn man die eigene Tätigkeit als kleines Profitcenter betrachtet, bekommt man ein Verständnis dafür, welche finanziellen Auswirkungen sie für das Unternehmen hat", sagt Dinko Eror. Er hat lange Zeit das Deutschland-Geschäft von Dell-EMC geleitet und ist seit April Vorstand beim Softwareunternehmen Matrix42. Parallel gibt er seit vielen Jahren auch Seminare an Hochschulen.
Die Liste der Themen, die an Bedeutung im Berufsleben gewinnen, lässt sich lange fortsetzen. Neben Controlling und Kalkulation sind in der BWL-Welt noch Grundlagen des Marketings gefragt. Ein ähnliches Wissensniveau ist auch für rechtliche Fragen wichtig. "Juristische Grundkenntnisse sollten geschärft werden, um Haken und Ösen zu erkennen", sagt Weiterbildungsexpertin Nölling.
Denn während es als IT-Spezialist oft nur darum geht, wie ein Projekt schnell und effizient umgesetzt werden kann, kommen als Führungskraft - und das schon ab den ersten Schritten - rechtliche Fragen dazu. Zum Beispiel: Welche Lizenzen sind wichtig? Wann können Open-Source-Angebote auch kommerziell genutzt werden? Wie müssen Nutzungsbedingungen genau formuliert werden und was darf mit den Daten passieren? Für die eigentlichen Verträge oder rechtlichen Fragen sind dann wiederum Spezialisten zuständig. Aber es gehe darum zu wissen, "wann ein Jurist hinzugezogen werden sollte", sagt Nölling.
Die gute Nachricht: Das Angebot an Möglichkeiten ist gerade in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich gewachsen. Über digitale Wege sind jetzt auch Kurse oder Videostudien an internationalen Einrichtungen einfacher (und auch kostengünstiger) geworden. "Jeder muss das für sich selbst entscheiden", sagt Eror, "aber heutzutage ist die Welt wunderschön, wenn es um Weiterbildung geht."
Es gibt jede Menge Angebote zur Weiterbildung
Schon mit Podcasts, Blogs oder Ted-Talks lässt sich zumindest ein wenig in bislang fremde Themen eintauchen. Darüber hinaus gibt es eine ganze Palette an Formaten, die mit einem anerkannten Nachweis abschließen. Für IT-Profis mit Berufsausbildung können das der Operative Professional und der Strategic Professional sein. Dahinter stecken Fortbildungen der IHK, die auf eine Tätigkeit in der mittleren Führungsebene vorbereiten sollen. Um gezielt Lücken zu füllen, gibt es digitale und analoge Weiterbildungskurse und Seminare.
Die Herausforderung hier: Weil Trainings ein lukratives Geschäft für die Wissensvermittler sein können, ist das Angebot oft unüberschaubar. Das macht für den Informatiker auf Aufstiegskurs die Entscheidung anspruchsvoll. Schließlich investiert man wertvolle Zeit und in der Regel Hunderte bis Tausende Euro für eine Fortbildung. Im Idealfall hilft die Einschätzung und Erfahrung von Freunden oder Kollegen weiter.
"Was genau anzugehen ist, sollte vermutlich am besten in einem Gespräch mit einem Kenner von Inhalten und Formaten besprochen werden", empfiehlt Nölling. "Wenn das innerhalb des Unternehmens nicht möglich ist, stehen auch andere Organisationen wie die IHKs, Verbände und Berater für einen solchen Gedankenaustausch vermutlich gern zur Verfügung."
Oder vielleicht doch noch ein Studium?
Für ambitionierte IT-Manager mit Lust auf die ganz große Karriere kann auch ein zusätzliches Studium interessant sein. Eine Möglichkeit sind sogenannte MBA-Studiengänge, kurz für Master of Business Administration. Dahinter stecken Masterstudiengänge, die das Komplettpaket für die Führung von Bereichen oder ganzen Unternehmen vermitteln.
Das geht auch berufsbegleitend. Über mehrere Semester kommen die Studierenden alle paar Wochen zu Kompaktseminaren an der Hochschule zusammen. Dazwischen wird eigenständig oder im Team an Fallstudien gearbeitet. Häufig bedienen sich die Wissenschaftler dabei an realen Problemstellungen von Unternehmen.
Wichtig bei allen Wegen: Neben dem fachlichen Wissen aus benachbarten Disziplinen müssen natürlich auch andere Kompetenzen mit jedem Karriereschritt mitwachsen. "Es geht darum, die notwendige Tiefe bei der Technologie zu behalten - und gleichzeitig den Spagat in die Führung hinein zu schaffen", sagt Dehnert.
Als Führungskraft geht es in Konferenzen schnell darum, die wichtigsten Chancen und Herausforderungen zu sehen und zu verstehen - und dann die richtigen Fragen zu stellen. Um die konkrete Umsetzung oder Lösung kümmern sich häufig die Fachabteilungen.
Als IT-Experte unter IT-Experten war die Kommunikation wahrscheinlich schon oft eingespielt. Als Vorgesetzter ist dagegen nun mehr Moderation gefragt. Die Ziele im Team unterscheiden sich: Die Vertriebler wollen ein neues Produkt möglichst zügig auf den Markt bringen, die Programmierer brauchen Zeit, um Fehler zu beseitigen.
"Man kann unmöglich alles wissen und entscheiden - permanentes Kommunizieren ist wichtig", hat auch Eror in seiner Karriere gelernt. Aufmerksames Zuhören ist hier der erste Schritt.
Dann können Weiterbildungen folgen: sei es ein Seminar zur Krisenkommunikation oder ein Workshop zum Führungsverständnis. Denn gerade neue Chefs müssen ihre Rolle finden - und neigen beim ersten Stress häufig zum strikten Durchregieren.
Die neue Führungskraft sollte sich trotz allem nicht überfordern
In jeder anderen Disziplin kann es ebenfalls über mehrere Stufen immer tiefer in neue Fachgebiete hineingehen. Doch auch dann sollte der Arbeitstag nicht allzu oft mehr als acht oder mal zehn Stunden lang sein.
Daher muss die IT-Führungskraft im Aufstieg auch akzeptieren: So gut wie im ursprünglichen Fachgebiet wird er oder sie sich in den neu dazukommenden Themen selten auskennen. Dieses erste Fachwissen sollte jedoch niemals unterschätzt werden - es bildet die Basis für die ersten Beförderungen. "Es ist unglaublich wichtig, am Anfang seiner Karriere in irgendetwas gut zu sein", sagt Eror. "Wenn du etwas gut kannst, kommen die Leute oft und gerne auf dich zu."
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