Vier-Tage-Woche: Weniger Arbeit, gleicher Lohn

Vier-Tage-Woche: Weniger Arbeit, gleicher Lohn - Golem Karrierewelt

In Großbritannien haben mehrere Unternehmen die Vier-Tage-Arbeitswoche getestet und die Ergebnisse waren überraschend positiv. Ist Deutschland bereit für eine Revolution der Arbeitswoche? 
 
Ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt in Großbritannien lässt auch hierzulande die Berufswelt aufhorchen: Rund 60 Unternehmen mit etwa 2.900 Mitarbeitern testeten die Vier-Tage-Woche bei vollem Gehalt. Die Ergebnisse zeigten eine Steigerung der Produktivität, weniger Krankheitsfälle und seltenere Kündigungen. Die Ergebnisse zeigten eine höhere Produktivität, weniger Krankheitsfälle und weniger Kündigungen. Der zusätzliche freie Tag in der Woche ermöglichte es den Beschäftigten, alltägliche Dinge zu erledigen und das Wochenende für Erholung und Freizeitaktivitäten zu nutzen. 
 
Positive Erfahrungen auch in Deutschland 
 
Ein Beispiel dafür, dass dieses Modell zu Teilen auch in Deutschland bereits erfolgreich umgesetzt wird, ist Kontor Business IT in Lübeck. Geschäftsführerin Carolina Wehrmann hat vor einem Jahr die Vier-Tage-Woche für ihre 25 Mitarbeiter eingeführt. Kombiniert mit flexiblen Arbeitszeiten habe das Modell nicht nur die Mitarbeiterzufriedenheit erhöht, sondern auch die Schwierigkeit verringert, qualifiziertes Personal zu finden. Dabei beschränken sich ihre Erfahrungen nicht auf das Jahr seit der Einführung, denn sie bietet ihren Mitarbeitern bereits seit der Firmengründung vor acht Jahren die freie Wahl der Arbeitszeit. 
 
Die VW-Software-Marke Cariad hat vor drei Jahren in eine ähnliche Richtung reagiert und selbstbestimmte Arbeitszeiten sowie mobile Arbeit in einer Betriebsvereinbarung festgelegt. Mitarbeiter können bei angeglichenem Gehalt zwischen 28 und 40 Stunden pro Woche arbeiten, was ihnen eine hohe individuelle Flexibilität bietet. Die Möglichkeit der Vier-Tage-Woche wurde Anfang 2021 eingeführt. Interessant ist, dass sich die Beschäftigten nach Angaben des Unternehmens auf ein für sie passendes Modell geeinigt haben und dabei geblieben sind, anstatt die Arbeitszeiten ständig zu variieren, was die Planungssicherheit erhöht. 
 
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Lohnausgleich im Gespräch 
 
Der Arbeitszeitreport Deutschland der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeigt, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer weniger arbeiten möchte und sich eine Verteilung der Arbeitszeit auf weniger als fünf Tage wünscht. In Belgien wurde Anfang letzten Jahres die Vier-Tage-Woche optional eingeführt, bei Arbeitszeiten von bis zu zehn Stunden täglich. In Deutschland ist eine solche Umstellung aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur maximalen Arbeitszeit zum Gesundheitsschutz der Mitarbeiter noch nicht möglich. 
 
Ein zentraler Gesprächspunkt bei dem Thema sind Gehalts- und Lohnanpassungen. Die IG Metall wies darauf hin, dass bei Arbeitszeitverkürzungen in der Vergangenheit meist ein Lohnausgleich verhandelt wurde. Das bedeutet gleich bleibendes Gehalt trotz geringerer Arbeitszeit. Die Gewerkschaft argumentiert, dass Unternehmen durch die erhöhte Produktivität und reduzierte Kosten für Personalrekrutierung den Ausgleich finanzieren könnten. 
 
Relativierende Reaktionen vom Arbeitgeberverband 
 
Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall wiederum sieht die Umsetzung der Vier-Tage-Woche kritisch. Nach Ansicht des Gesamtverbandes kann eine höhere Produktivität bei einer Vier-Tage-Woche nur dann erreicht werden, wenn die Arbeitszeiten verdichtet werden können oder wenn es Leerlaufzeiten gibt, die reduziert werden können. Dabei beruft sich der Verband auf OECD-Daten, nach denen Deutschland mit 1.349 geleisteten Arbeitsstunden “weit unter” dem Durchschnitt der Mitgliedstaaten von 1.716 Stunden pro Jahr liege. Kürzere Arbeitszeiten sollten geringer entlohnt werden, alles andere wäre ungerecht", so Gesamtmetall. 
 
Die Ergebnisse der britischen Studie sollten auch im Gesamtkontext betrachten werden. Romana Dreyer von der Universität Hamburg betont, dass neben der Reduzierung der Arbeit auch noch andere Faktoren in die Ergebnisse einspielen: So wurden die Unternehmen und ihre Mitarbeiter durch eine zweimonatige Vorbereitungszeit, Schulungen und externe Unterstützung in das Experiment eingeführt, was den Erfolg beeinflusst haben kann. Generell jedoch könne die Vier-Tage-Woche gesundheitsfördernd sein, wenn sie mit einer Reduzierung der Arbeitsstunden einhergeht und die individuellen Umstände des Einzelnen berücksichtigt – und letztlich eine bessere Work-Life-Balance ermöglichen. 
 
Die Vier-Tage-Woche ist derzeit noch ein Zukunftsmodell, aber das Interesse daran wächst. In der Zwischenzeit haben die Beschäftigten bereits die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz zu reduzieren. Letztendlich könnte es darauf hinauslaufen, dass flexible Arbeitsmodelle und eine Reduzierung der Arbeitstage die Arbeitswelt der Zukunft prägen. 

 

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel “Vier-Tage-Woche: Weniger Arbeit, gleich viel Geld” von Peter Ilg auf Golem.de 

 

Bild: unsplash.com

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