IT-Ausbildungsberufe: Endlich "supermodern"

IT-Ausbildungsberufe: Endlich "supermodern" - Golem Karrierewelt

(Bild: Pixabay)

Von Peter Ilg veröffentlicht am 

Die IT-Ausbildungsberufe sind grundlegend modernisiert worden. Das war auch notwendig nach über 20 Jahren.

Mit Ausbildungsberufen ist es wie mit Software: Um aktuell zu sein, werden sie regelmäßig an neue Anforderungen angepasst. Manchmal etwas mehr, manchmal etwas weniger, auch das kennen wir von Softwareupdates. Tatsächlich rundum erneuert wurden die vier bestehenden IT-Ausbildungsberufe IT-System-Elektroniker, Fachinformatiker, IT-System-Kaufmann und Informatik-Kaufmann.

"Die Reform war überfällig, schließlich stammen sie aus dem Jahr 1997", sagt der Leiter des Arbeitsbereichs für Elektro-, IT- und naturwissenschaftliche Berufe des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) in Bonn, Henrik Schwarz. Das BiBB ist für die Novellierung zuständig. Die neuen Ausbildungsinhalte der vier dualen Ausbildungsberufe gelten ab dem 1. August 2020 für das neue Ausbildungsjahr. Zwei Berufe wurden komplett erneuert und umbenannt, in der Ausbildung zum Fachinformatiker gibt es zwei neue Fachrichtungen.

Fachkräftemangel gab es schon vor 30 Jahren

Um dem "Fachkräftemangel in der IT entgegenzuwirken", wurden Ende der 1990er Jahre vier IT-Ausbildungsberufe eingeführt, wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in seinem Bericht IT-Berufe - Neue Chance? im April 2001 schrieb. Die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit bezeichnete die IT damals als "attraktives Berufsfeld mit großen Chancen". Schon damals gab es laut IAB also einen Mangel an IT-Fachpersonal. Er war die beste Basis dafür, dass die IT-Berufe gut ankamen. Eine Erfolgsgeschichte nahm ihren Lauf. Mit großem Werbeaufwand, aber zunächst niedrigen Ausbildungszahlen wurden ab 1997 erstmals in den vier Berufen ausgebildet, wobei Fachinformatiker zwischen den Fachrichtungen Systemintegration und Anwendungsentwicklung auswählen konnten.

Inzwischen haben gut 300.000 Fachkräfte ihre Ausbildung abgeschlossen. "Der Ausbildungsberuf Fachinformatiker gehört mittlerweile zu den Top-10-Berufen in der Rangliste nach neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen", sagt Schwarz. Im vergangenen Jahr gab es deutschlandweit 16.440 neue Azubis der Fachinformatik. Der Beruf ist äußerst beliebt - anders als die anderen mit lediglich 1.000 bis 1.500 Neuabschlüssen jährlich.

"Der Fachinformatiker ist branchenübergreifend ausgebildet. Sein Wissen wird in allen Branchen gebraucht und deshalb in allen ausgebildet", sagt der Leiter des Referats Bildungsberatung bei der IHK München und Oberbayern, Florian Kaiser, über die Gründe. Mengenmäßig hat die Fachrichtung Systemintegration bundesweit etwa 2.000 neue Ausbildungsverträge pro Jahr mehr als die Anwendungsentwicklung. "Die anderen drei Berufe sind auf den Einsatz in der IT-Branche zugeschnitten, das engt deren Einsatzzweck ein", sagt Kaiser. Daher die deutlich geringeren Ausbildungszahlen.

Ab dem neuen Ausbildungsjahr gibt es mit Daten- und Prozessanalyse sowie Digitale Vernetzung zwei neue Fachrichtungen in der Fachinformatik. "Das ist absolut sinnvoll, weil beide Profile wichtige technische Bereiche abdecken und das in beiden Fällen wieder branchenunabhängig", sagt Kaiser. Daher geht er davon aus, dass in beiden Fachrichtungen reichlich ausgebildet wird.

Fachinformatiker der Daten- und Prozessanalyse stellen die Verfügbarkeit sowie Qualität und Quantität von Daten sicher und entwickeln IT-Lösungen für digitale Produktions- und Geschäftsprozesse. Fachinformatiker der Fachrichtung Digitale Vernetzung werden zu Spezialisten für die Netzinfrastruktur und die Schnittstellen zwischen Netzwerkkomponenten und cyber-physischen Systemen ausgebildet.

Im Beruf des IT-System-Elektronikers wurden vor allem die elektrotechnischen Inhalte überarbeitet. Der neue Ausbildungsberuf Kaufmann für IT-System-Management ist das Ergebnis der Modernisierung des alten IT-Systemkaufmanns. "Das Profil hat sich nicht wesentlich geändert, die Inhalte dieses Berufs sind aktualisiert worden", sagt Schwarz. Nach wie vor handelt es sich um einen Beruf, der seinen Schwerpunkt in der IT-Branche haben wird. Anders ist das beim Kaufmann für Digitalisierungsmanagement, der den Informatikkaufmann ablöst. Er managt die Digitalisierung von Geschäftsprozessen auf der operativen Ebene in allen Branchen.

"Die neuen Berufsbilder sind supermodern, die Novellierung hat Hand und Fuß", urteilt Kaiser von der IHK. Die Industrie- und Handelskammern sind zuständig für die duale Ausbildung in ihren Kammerbezirken. Bei Kaiser sind das München und Oberbayern. In diesem Bezirk ist Fachinformatiker seit 2017 der beliebteste Ausbildungsberuf bei jungen Männern.

Im vergangenen Jahr haben rund 1.100 Azubis eine Ausbildung als Fachinformatiker angefangen - von insgesamt 17.000 Azubis. "Dieser Vergleich zeigt, wie begehrt der Ausbildungsberuf ist, immerhin gibt es über 300 Ausbildungsberufe." Kaiser ist überzeugt, dass noch mehr IT-Azubis den Mangel an IT-Fachkräften mildern könnten.

Dem entgegen steht der Trend zur Akademisierung: Immer mehr junge Leute studieren, immer weniger machen eine Berufsausbildung. 2,9 Millionen Studierende gibt es derzeit in Deutschland, in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl um mehr als ein Drittel gestiegen. Im selben Zeitraum sind die Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen um etwa 30.000 auf 530.000 zurückgegangen.

Rund 100.000 Informatik-Studenten gibt es aktuell, aber nur die Hälfte wird den Abschluss schaffen. Der Schwund ist in diesem Fach extrem hoch. Mit knapp 50.000 Ausbildungsverhältnissen über alle vier Berufe und alle drei Lehrjahre hinweg gibt es genauso viele IT-Azubis wie erfolgreiche und nicht-erfolgreiche Informatikstudenten in Deutschland. "Mit dem großen Unterschied, dass von den Azubis über 90 Prozent ihren Abschluss schaffen", weiß Markus Tränkle, Ausbildungsberater in der IHK-Region Stuttgart. Die Übernahmequote nach bestandenem Abschluss liegt sogar bei fast 100 Prozent.

Der typische IT-Azubi ist männlich, jeder zweite hat Abitur oder Fachhochschulreife. So verwundert es nicht, wenn Tränkle schätzt, dass etwa ein Drittel nach Abschluss der Ausbildung studiert. "Typischerweise bilden kleine und mittelständische Unternehmen in IT-Berufen aus, große halten sich oftmals zurück", sagt Tränkle. Sie locken die Fachkräfte anschließend mit hohen Gehältern zu sich. Die Ausbildungsvergütung von Fachinformatikern liegt bei rund 1.000 Euro monatlich, als Facharbeiter steigen sie mit 37.000 Euro pro Jahr ein. Das ist unbedeutend weniger als ein Informatiker mit Bachelor-Abschluss verdient.

Auf Akademiker-Niveau können die Azubis mit einer Weiterbildung kommen. Die sogenannten IHK-Professionals gibt es seit einigen Jahren in zwei Graden. Der erste ist der operative Professional auf Bachelor-Niveau, der zweite ist ein strategischer Professional und auf Master-Level. Beides ist eine betriebliche Weiterbildung, die meist berufsbegleitend absolviert wird, etwa zwei Jahre dauert und zwischen 4.000 und 6.000 Euro kostet. Das zahlt der Teilnehmer oder sein Arbeitgeber, häufig beteiligen sich beide daran. Die IHKen haben Listen von Seminaranbietern, die Prüfungen finden bei den Kammern statt.

Für Tränkle sind IT-Fachkräfte und IT-Akademiker keine Konkurrenten um Arbeitsplätze: "Sie ergänzen einander." Informatiker seien Theoretiker und häufig in Forschung und Entwicklung eingesetzt. IT-Fachkräfte seien Praktiker für IT-Implementierungen, Projektmanagement und Führungsaufgaben. Die eine brauche also zwingend die andere Gruppe, damit IT funktioniert.

Individuelle Unterstützung zu Themen rund um Job & Karriere gibt Shifoo, der Service von Golem.de - in 1:1-Videosessions für IT-Profis von IT-erfahrenen Coaches und Beratern.

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