Wenn die Firma heimlich ihre Mitarbeiter ausspioniert
(Bild: Dan Kitwood/Getty Images)
Von Harald Büring veröffentlicht am
Videokameras, Wanzen, GPS-Tracker, Keylogger - es gibt viele Möglichkeiten, mit denen Firmen Mitarbeiter kontrollieren können. Nicht wenige tun das auch und werden dafür mitunter bestraft. Manchmal kommen sie aber selbst mit heimlichen Überwachungsaktionen durch. Es kommt auf die Gründe an.
Wenn herauskommt, dass Firmen ihre Mitarbeiter überwachen, ist das immer ein großes Aufregerthema. Vor allem wenn es sich um bekannte Unternehmen wie Lidl oder Tönnies handelt. Gegen beide verhängten die Datenschutzbeauftragten des jeweiligen Bundeslandes wegen ihrer Überwachungspraxis ein erhebliches Bußgeld. Bei Tönnies betrug es 80.000 Euro, bei Lidl sogar 1,5 Millionen Euro. Tönnies hatte Videokameras installiert, die die Mitarbeiter mitunter bis in die Umkleideräume verfolgten. Lidl hatte neben Videokameras auch Detektive eingesetzt, die selbst Toilettengänge der Mitarbeiter notierten.
Doch nicht immer sind Videokameras und andere Überwachungsmethoden am Arbeitsplatz illegal. Wann sind sie erlaubt, wann verboten? Und welche Folgen hat ein Verstoß gegen rechtliche Vorschriften?
Kameras in Kaufhäusern sind erlaubt, aber nicht zum Bespitzeln
Besonders häufig müssen Arbeitnehmer mit Videoüberwachung rechnen, wenn sie in Räumlichkeiten arbeiten, die für Kunden zugänglich sind. Typische Beispiele sind etwa Kaufhäuser, der Kiosk an der Tankstelle oder die Gastronomie.
Erfolgt dabei die Videoüberwachung in offener Form - ist die Kamera also zu sehen und wird auf sie hingewiesen -, sind die rechtlichen Hürden nicht so hoch. Es reicht normalerweise, dass der Arbeitgeber damit berechtigte Interessen für einen konkret festgelegten Zweck verfolgt. Dies ergibt sich aus § 4 Absatz 1 Nr. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Das kommt vor allem dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber damit Diebstähle durch Kunden vermeiden möchte.
Anders ist es, wenn ausnahmsweise die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Arbeitnehmer dagegen sprechen (§ 4 Abs. 1 BDSG). Das bedeutet: Der Arbeitgeber darf es nicht darauf anlegen, damit seine Mitarbeiter zu bespitzeln.
Bei Verdacht einer Straftat ist zeitweilige Überwachung möglich
Aber auch an Arbeitsplätzen, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind, sind Mitarbeiter nicht vor Videoüberwachung sicher. Die Datenerhebung ist dann zulässig, wenn die berechtigten Interessen des Arbeitgebers gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überwiegen. Dies ergibt sich aus Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe f der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn der Arbeitgeber eine Straftat aufklären will. Allerdings muss es dafür hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte geben, dass die ins Visier genommene Person bereits eine Straftat begangen hat. Die Videoüberwachung muss zudem zur Aufdeckung erforderlich sein. Außerdem dürfen die Interessen des Betroffenen nicht überwiegen (§ 26 Abs. 1 BDSG).
Das bedeutet, dass zumindest eine längere oder permanente Beobachtung normalerweise gegen den Datenschutz verstößt. Dies ergibt sich zumindest aus der folgenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes: In dem Fall sollten die Arbeitnehmer eines Postverteilungszentrums fast während der gesamten Arbeitszeit videoüberwacht werden. Sie sollten zwar darüber informiert werden, jedoch nicht erfahren, wann die Kameras aufzeichnen. Das sah eine Betriebsvereinbarung vor. Der Arbeitgeber berief sich darauf, dass eine hohe Gefahr von Diebstählen bestand, schließlich seien innerhalb von zehn Monaten bereits 173 Sendungen verloren gegangen und man müsse mit einer hohen Dunkelziffer rechnen.
Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass diese Betriebsvereinbarung unzulässig sei (Beschluss vom 14.12.2004, Az. 1 ABR 34/03). Durch die Möglichkeit der permanenten Überwachung verstoße die Vereinbarung gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und stelle eine unbefugte Datenerhebung dar.
Geht es um heimliche Videoüberwachung in Form der sogenannten verdeckten Videoüberwachung, so sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben schärfer. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind Artikel 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe f DSGVO und § 26 Absatz 1 BDSG. Wie sie auszulegen sind, zeigt vor allem die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes. Demnach kommt dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Arbeitnehmers eine besonders hohe Bedeutung zu.
Eine verdeckte Videoüberwachung ist nur erlaubt, wenn gegen einen Arbeitnehmer - oder zumindest einen genau abgrenzbaren Kreis von Mitarbeitern - der konkrete Tatverdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung besteht. Darüber hinaus darf die Aufklärung ausschließlich durch eine heimliche Videoüberwachung möglich sein. Ihr Einsatz muss außerdem verhältnismäßig sein (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016, Az. 2 AZR 395/15). Das heißt, dass es keine andere Möglichkeit geben darf, Straftaten am Arbeitsplatz zu verhindern - etwa indem man einen Raum abschließt oder mehr Aufsichtspersonal abstellt.
In Umkleiden, Toiletten und Duschen sind Kameras tabu
Auf keinen Fall dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in Bereichen wie Umkleideräumen, Toiletten und Duschen überwachen. Denn hierdurch verletzten sie die Intimsphäre ihrer Mitarbeiter (PDF).
Wenn die Videoüberwachung unzulässig gewesen ist, müssen Arbeitgeber mit erheblichen Konsequenzen rechnen. Wird zum Beispiel ein Mitarbeiter gekündigt, der überwacht wurde, könnte diese Kündigung rechtswidrig sein. Das kommt in Betracht, wenn sich aus dem Verstoß gegen den Datenschutz ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich der Aufzeichnungen ergibt und der Arbeitgeber etwa einen Diebstahl nicht anders nachweisen kann.
Darüber hinaus muss der Arbeitgeber mit einem Bußgeld durch die zuständige Datenaufsichtsbehörde wegen einer unbefugten Datenerhebung rechnen. Die Geldbuße kann bis zu 20 Millionen Euro beziehungsweise vier Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs betragen (Art. 83 Abs. 5 DSGVO).
Unter Umständen können die betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entschädigung haben, wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (§ 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 2 GG). Auf dieser Grundlage hat das hessische Landesarbeitsgericht einer Arbeitnehmerin eine Entschädigung in Höhe von 7.000 Euro zugesprochen (Urteil vom 25. Oktober 2010, Az. 7 Sa 1586/09).
Darüber hinaus kann sich ein Entschädigungsanspruch auch aus Artikel 82 Absatz 1 DSGVO ergeben. Danach hat ein überwachter Mitarbeiter, dem wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadensersatz. Ein materieller Schaden könnte zum Beispiel darin liegen, dass der Arbeitnehmer auf seine Kosten eine rechtliche Beratung in Anspruch nimmt. Ein immaterieller Schaden ist etwa, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des mit einer Überwachung verbundenen Druckes psychisch erkrankt und dadurch erheblich an Lebensqualität einbüßt. Sofern ihm dadurch Behandlungskosten entstehen, für die die Krankenkasse nicht aufkommt, handelt es sich um einen materiellen Schaden.
Wenn Arbeitgeber ihre Angestellten heimlich in Umkleideräumen, Toiletten und Duschen filmen, müssen sie zudem mit einer Bestrafung wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gemäß § 201a des Strafgesetzbuches (StGB) rechnen. Neben einer Geldstrafe droht eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren.
Beispielsweise hat das Amtsgericht Gera mit Urteil vom 27. September 2013 (Az.431 JS 6285/12 1 Ls) einen Zahnarzt zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Er soll in 211 Fällen seine Mitarbeiterinnen halb nackt beziehungsweise nackt im Umkleideraum der Praxis gefilmt haben. Nach einer Berufungseinlegung hätten alle betroffenen Frauen vor der Berufungsverhandlung beim Landgericht Gera ihren Strafantrag zurückgenommen, sagte ein Sprecher des Gerichts. Da es sich um ein Antragsdelikt handelte, wurde das Verfahren daraufhin in der zweiten Instanz eingestellt. Weshalb die Frauen ihren Strafantrag zurückgenommen haben, wird leider nicht mitgeteilt.
Mittlerweile kann eine solche Straftat - anders als im damaligen Verfahren - auch ohne Strafantrag verfolgt werden, wenn die Staatsanwaltschaft von einem besonderen öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung ausgeht (vgl. § 205 Abs. 1 StGB).
Telefongespräche heimlich mitzuhören, ist illegal
Eine Telefonüberwachung durch den Arbeitgeber ist normalerweise unzulässig, wenn er heimlich Gespräche mithört. Dies gilt bei dienstlichen Telefonaten und erst recht bei Privatgesprächen. Denn hierdurch verletzt er das Recht des Arbeitnehmers - und gegebenenfalls Dritter wie Kunden - am eigenen Wort.
Hierbei handelt es sich um eine besondere Ausprägung des aus Artikel 1 des Grundgesetztes und Artikel 2 des Grundgesetzes hergeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (Urteil vom 29. Oktober 1997, Az. 5 AZR 508/96, BAG). Anders sieht es mit dem Erfassen und Speichern der Verbindungsdaten aus, wenn es durch einen vernünftigen Zweck gerechtfertigt ist, wie etwa der Abrechnung der Kosten von Privatgesprächen.
Arbeitgeber, die heimlich Telefongespräche ihrer Mitarbeiter abhören, müssen außer mit den bereits erwähnten Folgen - wie eines Beweisverwertungsverbotes im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens - sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Zum Beispiel mit einer Bestrafung wegen Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes nach § 201 StGB. Neben einer Geldstrafe kommt eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren in Betracht.
Anders ist es, wenn der Arbeitgeber sich in einer Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage befindet. Dies kommt zum Beispiel infrage, wenn er von einem Mitarbeiter genötigt oder erpresst wird. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (Beschluss vom 9. Oktober 2002, Az. 1 BvR 1611/96).
Darüber hinaus kann das Aufzeichnen und Auswerten von Telefongesprächen zur Qualitätskontrolle erlaubt sein, wenn Mitarbeiter im Callcenter tätig sind. Dies ergibt sich aus dem 32. Tätigkeitsbericht des Landesdatenschutzbeauftragten von Baden-Württemberg (Seite 147 ff.). Hiernach ist dies unter Umständen während der Anlernphase erlaubt. Im Anschluss daran muss ein hinreichender Anlass bestehen (wie eine Kundenbeschwerde) und die Kontrolle darf nur stichprobenartig erfolgen.
Die Frage ist, inwieweit der Mitarbeiter hierüber informiert werden beziehungsweise zunächst seine Einwilligung erteilen muss. Nach Auffassung des Landesdatenschutzbeauftragten von Baden-Württemberg genügt es, wenn der Arbeitnehmer im Voraus darüber informiert wird; eventuell reicht die Angabe eines bestimmten Zeitraums aus. Demgegenüber ist das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht strenger und verlangt, dass das Aufzeichnen und Auswerten von Telefonaten nur mit Zustimmung des Mitarbeiters und der Kunden erfolgen darf. Der Mitarbeiter müsse dies zumindest zu Beginn der Tätigkeit pauschal erklärt haben (7. Tätigkeitsbericht vom 03.03.2017 unter Punkt 15.5, Seite 93).
Insofern sollten Arbeitgeber stets vorab die ausdrückliche Einwilligung des Mitarbeiters und des Kunden einholen. Inwieweit die nachträgliche Information ausreicht, ist nicht hinreichend geklärt. Darüber hinaus sollte das Mithören nur beim Anlernen und nachfolgend bei einem hinreichenden Anlass in Stichproben erfolgen. Davon sollten Arbeitgeber nach der Anlernphase zurückhaltend Gebrauch machen. Fragwürdig ist, ob hier eine allgemeine Zustimmung des Arbeitnehmers reicht.
Das Ausspionieren der Mitarbeiter mit einer Wanze ist nicht erlaubt. Hierdurch wird das Recht am eigenen Wort in stärkerem Maße verletzt als beim heimlichen Mithören von Telefonaten.
Dies gilt erst recht, wenn damit Gespräche beliebiger Arbeitnehmer in einem Raum oder sogar an Örtlichkeiten wie Pausenräumen abgehört werden. Arbeitgeber müssen in einem solchen Fall ebenfalls mit einem Strafverfahren wegen eines Deliktes nach§ 201 StGB rechnen.
Bei PC-Überwachung lohnt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag
Inwieweit Arbeitgeber E-Mails kontrollieren dürfen, richtet sich nach der folgenden Faustformel: Wenn er seinen Mitarbeitern das Verfassen von privaten Mails erlaubt hat, ist die Kontrolle normalerweise rechtswidrig. Hier kommt ein Verstoß gegen den Datenschutz in Betracht.
Anders ist das, wenn gegen den Arbeitnehmer der konkrete Verdacht einer Straftat beziehungsweise einer anderen schweren Pflichtverletzung besteht. Typisches Beispiel: Es besteht der Verdacht, dass der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit massiv das Internet für private Zwecke genutzt hat.
Dass das für das Unternehmen jedoch kein Freibrief ist, wird an einem Fall deutlich, in dem der Arbeitgeber ohne speziellen Anlass auf einem Dienstrechner eine Keylogger-Software installiert hatte. Mit dieser wurde erfasst, welche Tasten der Arbeitnehmer betätigte. Darüber hinaus wurden regelmäßig Screenshots von angezeigten Bildern gemacht. Um auf der vermeintlich sicheren Seite zu sein, hatte der Arbeitgeber darauf in einer Rundmail hingewiesen.
Die Keylogger-Software zeigte, dass einer der Mitarbeiter auf dem Dienstrechner privat gesurft hatte. Der Arbeitgeber kündigte ihm fristlos, der Gekündigte klagte - mit Erfolg. Denn das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass der Arbeitgeber durch die Aufzeichnung und Speicherung der Tastatureingaben mittels Keylogger-Software unzulässig Daten erhoben hatte (Urteil vom 27.07.2017, Az. 2 AZR 681/16). Anders hätte dies ausgesehen, wenn gegen den Arbeitnehmer bereits bei der Installation dieser Software aufgrund von konkreten Tatsachen der Anfangsverdacht einer Straftat oder einer anderen schweren Pflichtverletzung bestanden hätte. Das war jedoch nicht der Fall, weil der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Installation noch nichts vom privaten Surfen des Mitarbeiters wusste.
Da der Arbeitgeber durch den Einsatz der Keylogger-Software auf erhebliche Weise das Recht des Mitarbeiters auf informationelle Selbstbestimmung verletzt hatte, waren die dadurch gewonnen Erkenntnisse nicht verwertbar. Infolgedessen konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass ein Grund für die fristlose Kündigung vorgelegen hatte. Die Kündigung war daher rechtswidrig.
Bei einer unzulässigen Überwachung kann ein Gericht also zum Beispiel eine Kündigung aufheben. Darüber hinaus müssen Arbeitgeber aber auch mit einem Bußgeld durch die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde auf Grundlage von Artikel 83 DSGVO rechnen.
Auch bei der Arbeitszeiterfassung dürfen nicht beliebig Daten erhoben werden
Inwieweit der Arbeitgeber im Rahmen der elektronischen Arbeitszeiterfassung personenbezogene Daten erfassen und speichern darf, ist Abwägungssache. Nämlich zwischen den berechtigten Interessen des Arbeitgebers und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f DSGVO und § 26 Abs. 1 BDSG).
Dass die reine Erfassung der Arbeitszeit rechtmäßig ist, ergibt sich daraus, dass der Arbeitgeber ein Interesse an der Überprüfung der Einhaltung der Arbeitszeit hat. Schließlich steht im Arbeitsvertrag normalerweise, dass eine bestimmte Arbeitszeit geleistet werden muss. Darüber hinaus sieht das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die Einhaltung von Höchstarbeitszeiten vor. Der Arbeitgeber ist zum Aufzeichnen der Überschreitung der jeweils erlaubten Arbeitszeiten verpflichtet (§ 16 ArbZG).
Anders sieht die Situation jedoch aus, wenn der Arbeitgeber weitere Daten erfasst, um damit Bewegungsprofile etwa über das Aufsuchen der Toilette zu erstellen. In dem Fall kommt ein Verstoß gegen den Datenschutz in Betracht durch eine rechtswidrige Verarbeitung von Daten.
Eine GPS-Überwachung zeichnet sich dadurch aus, dass etwa durch die heimliche Montage eines GPS-Senders an einem Fahrzeug der räumliche Aufenthaltsort eines Arbeitnehmers erfasst werden kann. Dies verstößt normalerweise gegen den Datenschutz. Bei Ortsdaten handelt es sich um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Das damit verbundene Erstellen von Bewegungsprofilen ist in der Regel eine unbefugte Datenerfassung.
Anders sieht es aus, wenn der Arbeitgeber hierfür gewichtige betriebliche Interessen anführen kann, die gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers überwiegen. Dann ist die Datenerhebung gemäß Artikel 6 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe f DSGVO und § 26 BDSG als gerechtfertigt anzusehen. (Lembke in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl. 2018, Art. 88 DSGVO, Rdn. 109 und BGH, Urteil v. 04.06.2013, Az. 1 StR 32/13).
Was unter "gewichtigen betrieblichen Interessen" zu verstehen ist, ergibt sich aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Baden-Württemberg (Urteil vom 25. Oktober 2002, Az. 5 SA 59/00). Hier war der Arbeitnehmer als Verkäufer auf Provisionsbasis tätig, dafür hatte ihm sein Arbeitgeber einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt. Nachdem der Umsatz des Arbeitnehmers ohne plausiblen Grund erheblichen um etwa 50 Prozent zurückgegangen war, wurde der Arbeitgeber misstrauisch. Er ließ das Fahrzeug mehrere Tage lang von einer Detektei per GPS überwachen. Dabei stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer mehrfach unzutreffende Angaben in seiner Spesenabrechnung gemacht hatte. Der Arbeitgeber kündigte ihm wegen versuchten Betruges fristlos.
Das LAG entschied, dass die Kündigung rechtmäßig war. Der Arbeitgeber durfte die Kündigung auf die Ergebnisse der GPS-Überwachung stützen. Er hatte aufgrund des unerklärbaren Umsatzrückgangs ein berechtigtes Interesse daran, überprüfen zu können, ob der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nachgekommen war. Eine anderweitige Klärung war nicht möglich gewesen.
Gesetzgeber sollte nachbessern
Arbeitgeber dürfen bei dem Ausspionieren ihrer Mitarbeiter weit gehen, wenn sie eine halbwegs gute Begründung dafür haben. Besonders stark wirkt das Argument, dass ein Mitarbeiter sich einer Straftat oder einer anderen schweren Pflichtverletzung verdächtig gemacht habe. Dann darf der Arbeitgeber etwa durch die heimliche Überwachung mit einem GPS-Tracker oder mit Schnüffelsoftware tief in die Privatsphäre des Arbeitnehmers eindringen. Allerdings stehen die genauen Grenzen nicht fest, so dass sich Arbeitgeber schnell aufs Glatteis begeben.
Um Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu schaffen, sollte der Gesetzgeber klar regeln, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber seine Mitarbeiter überwachen darf. Dabei sollte er deutlich machen, welche Überwachungsmaßnahmen überhaupt in Betracht kommen und wo die Überwachung tabu ist. Wenn Mitarbeiter glauben, dass sie von ihrem Arbeitgeber unzulässig elektronisch überwacht werden, können sie sich an den Betriebsrat und an die zuständige Datenschutz-Aufsichtsbehörde ihres Bundeslandes wenden. Sofern Arbeitnehmer anonym bleiben möchten, sollten sie bei der jeweiligen Datenschutz-Aufsichtsbehörde nachfragen, ob ihre Beschwerde dann bearbeitet wird. Unter Umständen kann auch Vertraulichkeit zugesichert werden.