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Virtuelle Zusammenarbeit: Wie Online-Meetings nicht zur Zeitverschwendung werden
(Bild: Chalo Garcia auf Pixabay/Pixabay License)
Von Markus Kammermeier veröffentlicht am
Aus Angst vor dem Coronavirus fördern viele Unternehmen Homeoffice - oder verordnen es sogar. Doch wenn die Teilnehmer von Meetings nicht im selben Raum sitzen, braucht es andere Methoden. Wir geben eine Übersicht über die Dos und Don'ts.
Virtuelle Zusammenkünfte bieten viele Vorteile: Reisezeiten für Teilnehmer werden reduziert, Kollegen in Teilzeit können besser integriert werden und der Bedarf an umbauter Fläche sinkt. Im Frühjahr 2020 kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: Die Virusinfektion Covid-19 bringt Unternehmen vermehrt dazu, Homeoffice zu fördern oder sogar zu verordnen. Damit gewinnen Online-Meetings zusätzlich an Bedeutung. Gleichzeitig entstehen ganz eigene Probleme, besonders die Qualität in Online-Meetings leidet oft. Die Satire A Conference Call in Real life zeigt die typischen Probleme eindrucksvoll - hier ein Ausschnitt der Produktivitätskiller:
Verspätetes Kommen:
In normalen Besprechungen ein No-Go! Online dauert es gerne mal zehn Minuten, bis alle sich eingewählt haben. Oft ist auch noch unklar, wer zum Meeting kommt. Damit verzögert sich der Start für alle und die Aufmerksamkeit sinkt gleich zu Beginn.
Technik nicht im Griff:
Für viele Mitarbeiter ist die Technik in Online-Meetings nach wie vor eine Hürde. Das betrifft Hard- und Software. Wahlweise funktioniert das Mikrofon nicht oder ein Treiber fehlt. Die Kamera ist defekt oder der Akku fast leer. Bei der Software fehlen Addins oder es werden Updates eingespielt. Egal wie: Fehlendes Know-how beim Umgang mit der Technik und mangelnde Ausstattung erzeugen Frust und verschwenden Zeit.
Fehlende Netiquette:
Übertragen wir die Verhaltensregeln aus klassischen Besprechungen 1:1 in die virtuelle Welt, kommt es fast zwingend zu Missverständnissen. Gerade Smalltalk und Zwischengespräche können virtuelle Treffen schwierig machen. Vorsicht ist auch geboten bei jeder Form von Ironie und Humor: Oft wirken diese Dinge nicht oder sogar falsch. Grund dafür ist vor allem die eingeschränkte Wahrnehmung, mit der wir in virtuellen Settings arbeiten.
Unsere Sinne werden reduziert
Üblicherweise nehmen wir die Umwelt mit unseren fünf Sinnen wahr, in virtuellen Meetings ist unsere Wahrnehmung massiv eingeschränkt. Nutzen wir für eine Abstimmung eine reine Telefonkonferenz, reduzieren wir unsere Wahrnehmung auf das Hören. Viele unbewusste Signale der Kommunikation gehen damit verloren. Durch die Aktivierung der Kamera verdoppeln wir die Anzahl der Kommunikationskanäle. Auch wenn das Bild verschwommen oder verzögert ist, wird unsere Wahrnehmung deutlich gesteigert. Gute Werkzeuge blenden auch beim Screensharing die Gesprächspartner weiter ein.
Ein Problem dabei: Viele Teilnehmer haben das Gefühl, dass ihnen der Gesprächspartner in Videokonferenz nie in die Augen blickt. Der Grund dafür ist das sogenannte Eye-Contact-Dilemma: In der Realität blicken wir Menschen direkt in die Augen, wenn wir mit ihnen sprechen. Durch die technische Trennung von Kamera und Bildschirm entsteht virtuell ein ungewohnter Winkel - wir blicken an unserem Gesprächspartner vorbei beziehungsweise über ihn hinweg. Bei mobilen Endgeräten ist dieser Effekt reduziert, weil Kamera und Display fast am gleichen Fleck sitzen. Am PC müssen wir unseren Blick auf die Kamera richten, um den Teilnehmern tatsächlich in die Augen zu schauen.
Auch der dritte wichtige Sinn, das Fühlen, lässt sich in virtuellen Meetings aktivieren. Immer wenn Inhalte auf dem Bildschirm aufgebaut oder live aufgezeichnet werden, können Teilnehmer die Gestaltung miterleben. Damit aktivieren wir das haptische Erlebnis unserer Zuhörer.
Der Einsatz möglichst vieler Sinne nützt jedoch nichts, wenn die Technik holpert.
Technisch ist heute viel möglich - angefangen von Telefonkonferenzen bis hin zu Augmented Reality. Bevor die Technik ausgewählt wird, müssen das Setting und das Ziel klar sein. Grundsätzlich unterscheiden wir drei Settings und drei Ziele:
große Gruppe -> informieren
kleine Gruppe -> diskutieren
1:1 -> entscheiden.
Nicht jede Kombination ist sinnvoll: Ein Projektziel in einer Großgruppe via Telefonkonferenz zu diskutieren, erfordert außerordentlich viel Disziplin. Ein paar Grundregeln:
- Je größer die Gruppe, desto weniger Diskussion: Diskutiert wird besser in kleinen Gruppen. Die Ergebnisse einer Diskussion werden verteilt. Große Gruppen können meist sinnvoll nur informiert werden.
- Je mehr Teilnehmer, desto wichtiger die Vorbereitung: Die Agenda wird im Vorfeld verschickt, die Struktur des Meetings wird transparent vorgestellt, die Zeiteinhaltung überwacht.
- Ist Diskussion notwendig, wird die Gruppe geteilt. Dieses Vorgehen kennen wir aus typischen Großgruppenveranstaltungen wie Open Space oder World Café. Muss in einer großen Gruppe diskutiert werden, dann teilen wir sie in kleine Teams auf. Die Ergebnisse können im Anschluss wieder zusammengeführt werden.
Je nach Setting und Ziel entscheiden wir uns für das passende Werkzeug. Heute gibt es zahllose Tools für Kommunikation und Zusammenarbeit. Gebräuchlich sind unter anderem MS Teams, Slack, Skype, WebEx, Google Hangout, Zoom oder Adobe Connect. Für die gemeinsame Bearbeitung von Ergebnissen eignen sich Office 365, Google Documents oder Speziallösungen wie Mural. Entscheidend für die Auswahl ist das Ziel oder die angedachte Arbeitsweise.
Genauso wichtig ist es, alle Teilnehmer auf einer Plattform zu haben. Wenn es bereits einen etablierten Standard bei den Teilnehmern gibt, dann wird der verwendet. Besser ein Werkzeug, das alle kennen und bedienen können als ein Spezialwerkzeug ohne handfeste Erfahrung.
Die richtige Technik ist wichtig - ebenso wichtig ist die Anpassung der eigenen Arbeitsweise.
In virtuellen Meetings passen wir die Länge an. Die Teilnehmer können vor dem Bildschirm meist die Aufmerksamkeit nicht so lange aufrechterhalten. Daher kürzen wir die Meetings. Damit kommen der Vorbereitung und der Struktur eine noch größere Bedeutung zu:
- Wir versenden die Agenda vorab, so dass sich alle Teilnehmer vorbereiten können.
- Notwendige Informationen und Dokumente werden ebenfalls vorab verteilt.
- Als Leiter geben wir eine klare Struktur für die Besprechung vor.
Wenn diese Regeln auch bei normalen Besprechungen bereits wichtig waren, gewinnen sie im virtuellen Setting noch mehr Bedeutung.
Da die Aufmerksamkeit der Teilnehmer schneller schwindet, müssen wir als Leiter immer wieder aktivieren. Das kann auf unterschiedliche Arten geschehen:
- Wir sprechen Teilnehmer direkt an und bitten sie sich einzubringen.
- Wir vergeben klare Rollen an unterschiedliche Personen - z. B. Protokollführer und Timekeeper. Diese Rollen können auch während des Meetings getauscht werden.
- Wir nutzen aktivierende Impulse, z. B. Umfragen, um alle wieder einzubeziehen.
Die größte Gefahr bei virtuellen Meetings ist das Multitasking. Manche Teilnehmer nehmen zwar offensichtlich teil, bearbeiten allerdings nebenbei E-Mails oder surfen im Web. Niemand kann sich auf diese Weise richtig einbringen. Schlussendlich leiden auf diese Weise beide Tätigkeiten und alle zusammen verschwenden viel Zeit und Energie. Diese Techniken helfen, das Multitasking bei den Teilnehmern zu vermeiden:
- Kamera an! Durch die zusätzliche Wahrnehmung entstehen mehr Kontakt und Nebentätigkeiten werden vermieden.
- Teilnehmer immer wieder aktiv ansprechen und einbeziehen. So können wir ganz bewusst immer wieder Checkpoints in die Meetingstruktur einplanen. Hierbei werden die Themen wieder gesammelt und jeder nach seiner Meinung gefragt.
- Aktive und wechselnde Rollen vergeben. Jeder Teilnehmer kann für einen Themenblock die Moderation übernehmen und ist damit besser eingebunden.
Nebentätigkeiten resultieren immer wieder auch daraus, dass Teilnehmer in den falschen Meetings sitzen. Hier hilft es, die Themen klarer und kompakter zu planen. So sitzen dann nur die wichtigen Leute im Gespräch. Oft braucht es auch ein neues Mindset, um wirklich effektive Besprechungen zu ermöglichen.
Für wirksame virtuelle Meetings müssen Mitarbeiter mit der Dabei-sein-ist-alles-Kultur brechen. Stattdessen braucht es eine neue Grundhaltung: Nur wer wirklich einen Beitrag leisten kann, wählt sich ein. Informationen werden im Nachgang schriftlich verteilt. Wieder gilt, dass diese Einstellung auch für persönliche Besprechungen sinnvoll ist. In der virtuellen Welt gewinnt aber auch das mehr Bedeutung: durch die Möglichkeit, sich hinter dem Bildschirm zu verstecken und entfernte Teilnehmer zu vergessen. Es ist Aufgabe der Meetingleiter, Teilnehmer ständig aktiv einzubinden. Es ist Aufgabe der Teilnehmer zu erkennen, wann sie sich aus einem Meeting ausklinken können.
Dabei hilft auch eine möglichst einfache Kommunikation. Durch die Entfernung und teilweise Verzögerungen hilft es, wenn sich alle auf eine einfache Kommunikation besprechen. Das heißt: kurze Sätze, weniger Fremdwörter und eine klare Sprache. Zusätzlich hilft es, immer wieder Inhalte zu wiederholen und nachzufragen. Typische Floskeln hierfür sind:
- "Ich wiederhole noch mal den letzten Punkt ..."
- "Habe ich das richtig verstanden?"
- "Hat das jeder verstanden? Frank, wiederhole doch den letzten Teil mit deinen Worten ..."
Was am Ende von virtuellen Meetings oft entfällt, ist das anschließende Gespräch in der Kaffeeküche. Vielfach werden genau dort die eigentlich wichtigen Informationen ausgetauscht. Warum ist das so? Die Kaffeeküche ist ein informeller Ort: Hier werden private Informationen und persönliche Eindrücke stärker miteingebracht. Auch der Platzwechsel hilft vielen Teilnehmern, die Informationen noch mal zu verdauen und neu zu denken. Um diesen Effekt nicht vollständig zu verlieren, können wir die Kaffeeküche leicht formalisieren. Hierfür planen wir am Ende der Sitzung fünf bis zehn Minuten ein, in denen jeder noch mal den Termin aus seiner Sicht zusammenfassen kann. Am besten gibt der Leiter den Teilnehmern auch die Chance, persönliche Eindrücke einzubringen. Damit kann ein Teil dieser informellen Kommunikation erhalten bleiben.
Do's and Don'ts
Virtuelle Meetings unterscheiden sich von persönlichen Besprechungen. Ein paar einfache Regeln helfen.
Das soll vermieden werden:
- Ironie und Sarkasmus
- Hintergrundgeräusche
- Nebenbeschäftigungen
- Nebengespräche
- Multitasking
Das ist vor dem Meeting zu erledigen:
- Agenda und Informationen vorab verteilen
- Technik prüfen
- Klare Struktur vorbereiten
So sollte man sich im Meeting verhalten:
- Teilnehmer vorstellen
- Kamera an
- Teilnehmer aktiv einbinden
- Sprache einfach und klar halten
- Teilnehmer bewusst aussprechen lassen
- Eigene Beiträge mit dem eigenen Namen einleiten (in großen Gruppen)
Und nach dem Meeting:
- Kaffeeküche formalisieren
- Informationen verteilen
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