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Nur die Gassi-App geht grad nicht
SAP bietet seinen Mitarbeitern einiges. Manchen mag das zu viel sein, aber die geringe Fluktuation spricht für das Softwareunternehmen.
Von Elke Wittich
SAP ist nach Umsatz das größte europäische Softwareunternehmen, weltweit liegt es auf dem dritten Platz. Mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf, einer Gemeinde mit gerade mal etwas mehr als 15.000 Einwohnern, gelegen an der Kreuzung zwischen der A5 und der A6, beschäftigt das Unternehmen mehr als 100.000 Menschen, davon knapp 30.000 in der Forschung und Softwareentwicklung. Bei diesen ist es als Arbeitgeber beliebt.
In einer Befragung von Golem.de und Statista unter IT-Mitarbeitern aus rund 2.000 deutschen Unternehmen schaffte es SAP 2021 in die Top 50 der besten Arbeitgeber für IT-Fachleute (Platz 24). Bei einem Blick auf die Webseite verwundert das erst einmal nicht - SAP verspricht seinen Mitarbeitern viel.
Kostenloses Mittagessen, flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, Vorsorgeprogramme, das Ganze individuell anpassbar. "Gestalte dein individuelles Paket aus lokalen und globalen Arbeitgeberleistungen selbst", heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Aber das ist noch nicht alles: "Bei uns ist das Thema nicht Job oder Familie, sondern Job und Familie," sagt Personalchef Cawa Younosi, "Respekt und Vielfalt sind Teil unserer DNA."
Zufriedene Mitarbeiter bringen Umsatz
Da stellt sich die Frage, was sich hinter den Versprechen verbirgt, denn das klingt arg nach Werbebroschüren-Buzzwords: Der Personalchef stellt jedoch klar, dass "Happy employees, happy customers" kein dahergesagter Spruch sei, sondern sich durch Zahlen belegen lasse: "Ein Prozent mehr an zufriedenen Mitarbeitenden bringt 50 Millionen mehr Umsatz", betont er.
Viele Menschen wären schon mit einem sicheren Job in einem diskriminierungsfreien Umfeld zufrieden, SAP geht allerdings gleich mehrere Schritte weiter und bietet auch Annehmlichkeiten, mit deren Hilfe die Freizeit besser gestaltet werden kann. Gemeinsame Laufgruppen etwa, aber auch, so ist in Foren zu lesen, eine App, mit der das Gassigehen von Mitarbeiterhunden organisiert werden kann. Die sogenannte Wauwau-App funktioniert allerdings derzeit nicht. Wie so vieles, bei dem Menschen zusammenkommen, musste auch die App wegen Corona gestoppt werden, erzählt Younosi.
Doch bei allen diesen Leistungen seien es die praktischen Kleinigkeiten, die so viel ausmachten, sagt Younosi, "wie die Möglichkeit, nach oder vor der Mittagpause per App Essen zum Mitnehmen zu bestellen".
Und wenn jemand einfach nur arbeiten will?
Aber könnte es nicht sein, dass die vielen beruflichen und außerberuflichen Privilegien auf all die Menschen abschreckend wirken, die einfach nur in Ruhe ihren Job machen und anschließend nach Hause gehen wollen? Ist die Trennung zwischen Arbeit und Privatleben nicht ein wenig zu unscharf?
"Wir wollen uns auf keinen Fall ins Privatleben unserer Mitarbeitenden einmischen", erklärt Younosi. "Wer Unterstützung braucht, erhält sie von uns, aber wer keine möchte, dem wird sie auch nicht aufgedrängt." Freizeit sei Freizeit, sagt er, "dazu bieten wir auch Achtsamkeitsseminare an". Außerdem sei niemand verpflichtet, ein Arbeitshandy anzunehmen, "manche wollen eins, andere nicht, grundsätzlich gilt, dass niemand mehr arbeiten soll, als sie oder er verpflichtet ist".
Er persönlich habe deswegen unter seinen E-Mails auch auf Englisch den Zusatz "Meine Arbeitszeit ist nicht deine Arbeitszeit" stehen, "damit sich niemand und schon gar nicht diejenigen, die in anderen Zeitzonen leben, verpflichtet fühlt, mir gleich zu antworten".
Arbeiten während Covid-19
Wie sehr hat die Pandemie den Arbeitsalltag bei SAP verändert? "Die letzten zwei Jahre sind schon an die Energiereserven gegangen", sagt Younosi. "Meetings funktionieren natürlich remote, aber allein von zu Hause aus zu arbeiten ist natürlich schon etwas anderes, als realen Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen zu haben."
Gleichwohl sei die Zufriedenheit von Mitarbeitern und Vorgesetzten "so hoch wie noch nie. Wir tun aber auch einiges dafür, wie zum Beispiel jetzt einen Ersatz für die ausfallenden Weihnachtsfeiern zu organisieren."
Fünf Millionen Euro habe man gerade erst vergangene Woche "in die Hand genommen, damit die Teams weltweit etwas Schönes machen können". Die Ideen, die von den Teams innerhalb weniger Tage dafür entwickelt wurden, seien ganz vielfältig: "Ein Team wird die Vorführung eines Magiers und Mentalisten genießen können, andere planen weltweite Quizshows und Koch-Challenges."
Das Engagement der Mitarbeiter spricht dafür, dass sie genau die Soft Skills haben, die sich das Unternehmen wünscht. "Out-of-the-Box-Denken, Teamfähigkeit, für unsere Werte wie Vielfalt, Respekt, Toleranz einstehen, sich zu engagieren sind einige davon", sagt Younosi.
Kritische Stimmen im Forum
Doch es gibt auch kritische Stimmen: In Foren bemängeln SAP-Mitarbeiter oft, dass die ihnen versprochenen Aufstiegsmöglichkeiten nicht so vorhanden seien wie anfangs geschildert und dass die Prozesse außerdem zu intransparent seien.
"Die Fakten und Zahlen sprechen dagegen", sagt Younosi. "Neben den langen Unternehmenszugehörigkeiten ist auch die interne Fluktuation groß, zehn Prozent bewerben sich jährlich auf eine neue Stelle innerhalb von SAP." Die externe Fluktuation liege hingegen bei rund einem Prozent, sagt der Personalchef und fügt hinzu: "Im Schnitt bleiben Beschäftigte 13 Jahre bei SAP, das liegt auch an den langfristigen Perspektiven, die wir bieten."
Insgesamt, sagt Younosi, habe SAP eine Mitarbeiterzufriedenheit von 89 Prozent. "So einen hohen Wert erreicht kaum ein anderes DAX40-Unternehmen."
Bild: Thomas Lohnes / Getty Images