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Quereinstieg in die IT: Vom Gerber zum Systemberater
Frank Rosendahls Weg in die IT begann in einer Branche, die kaum weiter von der IT entfernt sein könnte: der Lederindustrie. Im Rahmen unserer Interviewreihe spricht er mit uns über seinen beruflichen Werdegang und die Herausforderungen eines Quereinstiegs in die IT.
Unsere Interviewreihe zum Thema Quereinstieg:
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Quereinstieg in die IT: Vom Gerber zum Systemberater
- Quereinstieg in die IT: Vom Elektrotechniker zum Sicherheitsmanager
- Quereinstieg in die IT: Von der Elektrochemikerin zur Software-Projektleiterin
Der Quereinstieg in die IT ist für viele eine attraktive Möglichkeit, ihre Karriere neu auszurichten und sich in einem zukunftssicheren Bereich zu etablieren. Wir haben in den IT-Abteilungen von Bosch nach Quereinsteigern gefragt und bemerkenswerte Karrierewege entdeckt. Unter ihnen ist Frank Rosendahl, der ursprünglich einen Bildungsweg zum Gerber und Ledertechniker absolvierte und später den Übergang zum Systemberater bei Bosch schaffte, wo er heute verantwortlich für verschiedene IT-Systeme ist.
Seit 1996 ist er in der IT-Branche tätig, wo er als Systemadministrator, Linux-Spezialist und Red Hat Enterprise Trainer arbeitete. In diesem Interview teilt er seine Erfahrungen und gibt wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Chancen eines Quereinstiegs in die IT.
Golem Karrierewelt: Herr Rosendahl, wie sind Sie von Ihrer ursprünglichen Ausbildung oder Karriere in die IT und Ihre jetzige Position gelangt? Können Sie Ihren Werdegang kurz skizzieren?
Frank Rosendahl: Ich begann meine Karriere in der Lederindustrie. Nach meiner Schulzeit machte ich eine Ausbildung zum Gerber und schloss danach mein Studium als Ledertechniker an der Westdeutschen Gerberschule Reutlingen (WGR) ab. Während meiner Jugend hatte ich meine ersten Berührungen mit Computern im Alter von 13 oder 14 Jahren, angefangen mit dem ZX81 und später dem Commodore 64.
Meine Leidenschaft für Computer vertiefte sich während meiner Zeit bei der Bundeswehr, als ich mir meinen ersten Amiga 500 kaufte und begann, mich intensiver mit Computern und Netzwerken zu beschäftigen. Damals betrieb ich Mailboxen und verbrachte viel Zeit mit DFÜ-Verbindungen und Modems.
Die Lederindustrie durchlief damals schwere Zeiten mit vielen Betriebsschließungen. Da die Zukunftsperspektiven dort unsicher waren, machte ich eine Weiterbildung zum Industriekaufmann. Bei einem Vorstellungsgespräch für eine Verkaufsposition in einem IT-Unternehmen passierte dann etwas Entscheidendes: Während des Gesprächs sah ich einen Amiga, der seit vier Wochen in der hauseigenen Technik zur Reparatur steckte. Ich erkannte sofort den Fehler – der Stecker war falsch herum eingesteckt. Zwei Tage später wurde ich als Techniker eingestellt und übernahm die gesamte Technik des Unternehmens.
Da der Amiga immer weniger verkauft wurde, stieg ich auf Suse Linux um und konnte so die gesamte Firma ans Internet anschließen. Wir entwickelten eine eigene Linux-Distribution und gründeten eine Firma für Internet- und Routerzugänge, die wir jedoch aufgrund begrenzter Kundenbasis liquidieren mussten.
Im Jahr 2000 arbeitete ich als Systemadministrator, wechselte dann in die Selbstständigkeit und arbeitete als Freelancer und Trainer. Schließlich nahm ich eine feste Anstellung als Trainer an, absolvierte Zertifizierungen und wurde zum RHCA (Red Hat Certified Architect) ausgebildet. Ich arbeitete weltweit als Trainer und baute Kenntnisse in Cloudtechnologien und Linux-Systemen auf.
Später arbeitete ich an der Entwicklung einer IoT-Cloud mit. Dieses erfolgreiche Projekt führte dazu, dass es unter einem größeren Dach weitergeführt wurde. Heute arbeite ich als Systemberater und bin für virtuelle Maschinen, Betriebssystemunterstützung, Red Hat Satellite und Konfigurationsmanagement verantwortlich. Außerdem unterstütze ich internationale Entwicklerteams und arbeite an strategischen IT-Projekten.
Was hat Sie dazu bewogen, in die IT zu wechseln? War es eine bewusste Entscheidung oder sind Sie durch Ihre vorherigen Jobs in die IT gerutscht?
Rosendahl: Mein Interesse an Computern und Netzwerken war schon immer stark ausgeprägt. Während meiner Arbeit als Ledertechniker und später in verschiedenen kaufmännischen Rollen habe ich immer wieder Möglichkeiten gefunden, mich mit IT-Themen zu beschäftigen. Die Entscheidung, endgültig in die IT zu wechseln, wurde durch die Entwicklungen in der Lederindustrie und die zunehmende Bedeutung der IT in allen Lebensbereichen beeinflusst.
Sind Sie zufrieden mit Ihrer Entscheidung, in die IT zu wechseln?
Rosendahl: Ja, absolut. Die IT bietet viele spannende Möglichkeiten und ständig neue Herausforderungen. Es ist eine Branche, die sich kontinuierlich weiterentwickelt, und das hält die Arbeit interessant und abwechslungsreich.
"Jede Herausforderung und jeder Rückschlag bietet eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln." (Bild: Frank Rosendahl)
Welche Weiterbildungen haben Sie in Betracht gezogen oder genutzt, um sich weiter zu qualifizieren?
Rosendahl: Ich habe verschiedene Weiterbildungen gemacht, um meine Kenntnisse zu vertiefen und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Dazu gehören Zertifizierungen wie der RHCE (Red Hat Certified Engineer) und später auch der RHCA (Red Hat Certified Architect). Diese Qualifizierungen haben mir geholfen, meine Fähigkeiten zu formalisieren und mich beruflich weiterzuentwickeln.
Was waren die größten Hürden auf Ihrem Weg?
Rosendahl: Ich hatte zum Glück weniger Hürden auf meinem Weg, aber aus heutiger Sicht wäre das Fehlen eines Studienabschlusses eine Hürde. In der IT ist es normalerweise so, dass es gewisse Frameworks gibt, innerhalb derer sich die von Unternehmen gesuchte Person qualifikationstechnisch zu befinden hat. Wenn dann gewisse Anforderungen fehlen, ist man automatisch raus. Keinen akademischen Abschluss nachweisen zu können, ist in der Branche teils schon ein Ausschlusskriterium.
Welche Hürden hätten vermieden werden können?
Rosendahl: Einige Hürden hätten vermieden werden können, wenn ich früher systematischer an meiner IT-Ausbildung gearbeitet hätte. Auch wäre es hilfreich gewesen, wenn ich mehr Unterstützung beim Übergang in die IT erhalten hätte, etwa durch Mentoring oder spezifische Umschulungsprogramme.
Wie sehen Ihre beruflichen Pläne für die Zukunft aus? Welche Tätigkeiten oder Qualifizierungen streben Sie an?
Rosendahl: In Zukunft möchte ich weiterhin in der IT arbeiten und meine Kenntnisse insbesondere im Bereich Cloudtechnologien und Automatisierung vertiefen. Langfristig möchte ich mich noch stärker auf strategische IT-Beratung und -Management konzentrieren, um Unternehmen bei der Digitalisierung und Implementierung neuer Technologien zu unterstützen.
Quereinsteiger kommen heute am Thema künstliche Intelligenz nicht mehr vorbei. Welche IT-Bereiche sehen Sie am wenigsten gefährdet, durch Automatisierung überflüssig zu werden?
Rosendahl: Bereiche wie der Hardwarebereich bieten meiner Meinung nach das geringste Risiko der Automatisierung. In Rechenzentren ist es beispielsweise immer noch nicht möglich, die gesamten Rechner automatisiert ein- oder auszubauen und Hardware umfassend zu testen. Auch das Überprüfen von Festplatten auf Fehler oder die spezialisierte Prüfung von Hardware erfordert nach wie vor menschliches Fachwissen und Eingreifen.
Ein weiterer Bereich, der sich schwer automatisieren lässt, ist die Spezialisierung. Wenn man ein Spezialist in bestimmten Bereichen ist, beispielsweise bei Betriebssystemen, ist man nicht so leicht ersetzbar. Künstliche Intelligenz kann zwar viele Informationen sammeln und verarbeiten, aber sie kann nicht auf die gleiche Weise wie ein Mensch auf rückwirkendes Wissen und historische Daten zugreifen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Solche spezialisierten Kenntnisse und Fähigkeiten sind schwer zu automatisieren und bleiben daher essenziell.
Was würden Sie jemandem raten, der heute in die IT einsteigen möchte? Und wie würden Sie heute in die IT quereinsteigen? Zum Beispiel durch Freelancing, Onlinekurse oder Zertifizierungen?
Rosendahl: Ich glaube, das Beste, was man heute machen kann, ist, sich zum IT-Techniker ausbilden zu lassen. Lasst euch nicht einreden, dass ihr als Bachelor nach dem Studium die Welt erobert, nur weil ihr eine App programmieren könnt. Versteht die technische Basis und arbeitet euch davon ausgehend hoch. Und wenn ihr eine Basis habt, könnt ihr darauf programmieren, was ihr wollt. Auch solltet ihr euren Weg planen. Schaut euch an, was ihr schon könnt und wofür ihr euch interessiert. Wenn ihr die Suchmaschine gut bedienen könnt, seid ihr vielleicht gut im Beratungssektor aufgehoben. Wenn ihr gut reden und euch mit Themen auseinandersetzen könnt, überlegt euch, ob ihr nicht Trainings geben wollt, wo ihr euer Wissen weitergeben könnt.
Was würden Sie als die wichtigste Lektion aus Ihrer Karriere bezeichnen?
Rosendahl: Die wichtigste Lektion ist, dass man aus Fehlern lernen muss. Jede Herausforderung und jeder Rückschlag bietet eine Gelegenheit, etwas Neues zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Es ist wichtig, neugierig zu bleiben, sich kontinuierlich weiterzubilden und immer nach Lösungen zu suchen.
Bild: Pexels.com/Freepiks.com