Zukunft des Codings: Bedeuten ChatGPT und Co. das Aus für Softwareentwickler in der Tech-Branche?
In der Tech-Branche prägt künstliche Intelligenz die Zukunft des Codings. Die Frage steht im Raum: Bedeuten Tools wie ChatGPT das Ende für Softwareentwickler*innen? Wir werfen einen Blick auf den perfekten Werkzeugkasten für zukünftige Tech-Profis und die Bedeutung eines breiten Skillsets.
Von Marc Peter Dauter
Das Thema künstliche Intelligenz bestimmt zunehmend unsere technikbasierte Welt und gewinnt damit in nahezu allen Lebensbereichen rasant an Bedeutung. Auch der Technologiesektor kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen und sieht sich mit zahlreichen Entwicklungen, Möglichkeiten und Herausforderungen für die Unternehmen konfrontiert. Diese werden von Software-Entwickler*innen allerdings auch mit kritischen Augen beobachtet, da sich die Frage stellt, was genau das für ihren einst als zukunftssicher geltenden Berufszweig bedeutet und inwiefern auch hier KI-Technologien die menschliche Arbeitskraft ersetzen könnten.
Welche Auswirkungen hat die rasante Entwicklung von KI-Tools auf die Tech-Branche und inwiefern beeinflussen diese Coding-Prozesse? Lohnt sich das Erlernen von klassischen Programmiersprachen wie Python überhaupt noch und welche Skills werden zukünftig in der Softwareentwicklung relevant sein? Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir zunächst die aktuellen Entwicklungen reflektieren.
Status quo: Tech-Branche im Wandel
Wirft man einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen in der Tech-Branche, so zeigt sich dort viel Bewegung, Wandel und Umstrukturierung. Die zunehmende Anzahl an Markt-Konkurrenten und die Anpassung von bestehenden Geschäftsstrategien an aktuelle Trends haben seit Beginn des Jahres zu Personalabbau in vielen großen Tech-Unternehmen geführt. Dieser wurde zusätzlich befeuert durch eine Zinspolitik, welche die Firmen zu einer Optimierung ihrer Rentabilität sowie ihrer Kosteneffizienz zwingt. Dennoch lässt sich auch in der Tech-Branche der nahezu omnipräsente Mangel an Fachkräften beobachten. Somit steht die beschriebene Entlassungswelle im Widerspruch zu den zunehmenden Recruiting-Maßnahmen von Unternehmen für Fachpersonal. Diese wollen den neuen Entwicklungen und Herausforderungen zukunftsorientiert standhalten und wirtschaftsfähig entgegentreten. Besonders gefragt ist ein fundiertes Know-how im Umgang mit KI und Data Science, das an vielen Stellen erst noch aufgebaut werden muss. Angebote wie Coding-Bootcamps, Webinare und andere Weiterbildungskurse sind derzeit sehr gefragt, um betroffenes Fachpersonal oder Quereinsteiger*innen für den Wandel im Arbeitsmarkt bestmöglich zu schulen.
KI-Tool vs. Mensch - ein Kampf auf Augenhöhe?
Trotz der hohen Nachfrage an Fachkräften bangen viele Arbeitnehmer*innen, ob ihre Expertise mit Hinblick auf die zukünftig potenzielle Vorreiterstellung KI-basierter Technologien auch in Zukunft von Belang sein wird und ob sich das Erlernen von Tech-Skills und Codingprozessen überhaupt noch lohnt. Denn KI-Tools kommen bereits breit gefächert bei Codingprozessen zum Einsatz und liefern den Unternehmen viele Vorteile. So überzeugen sie durch ihre Effizienz, insbesondere bei der Dokumentation, der Generierung von Codes oder bei der Analyse von komplexen Datensätzen. Zwar stellen die hohe Agilität und Innovationskraft vor allem in großen Konzernen noch zu lösende Herausforderungen hinsichtlich der notwendigen Skalierbarkeit dar. Allerdings zeigt sich, dass sich vor allem kleine Tech-Start-ups genau diese Ressourcen zu eigen machen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz zielen sie darauf ab, ihre Technologiestrategie innovativ und flexibel zu gestalten, maßgeschneiderte Lösungen zu liefern und sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, indem sie sich auf spezifische Nischen konzentrieren und auf diese Weise gezielte Märkte bedienen können. Für viele Arbeitnehmer im Technologie-Sektor stellt sich jedoch die Frage, welche Rolle zukünftig der Mensch in diesen Strukturen einnehmen wird und welche Anforderungen an sein Profil gestellt werden, um Unternehmen noch einen Mehrwert bieten zu können.
Lohnt sich das Erlernen von klassischen Coding-Skills überhaupt noch?
Die Antwort hierauf lautet ganz klar “Ja!”. Bislang arbeitet die KI vordergründig an der Optimierung von repetitiven Prozessen oder der Berechnung von Mustern und Trends, welche den Prozess der Softwareentwicklung lediglich vereinfachen und somit IT-Expert*innen unterstützen können. Die menschliche Arbeitsleistung wird dadurch allerdings auf keinen Fall ersetzt. Aktuell bauen KI-Tools wie ChatGPT noch recht viele Fehler in den Code ein, die Gefahr, dass diese ungesehen übernommen werden, ist hoch. Das zeigte zuletzt auch eine Studie der Perdue University. Kreatives Denken und eine lösungsorientierte Arbeitsweise sind nach wie vor menschliche Eigenschaften, die von KI-basierten Instrumenten nicht imitiert werden können. Zudem darf nicht vergessen werden, dass auch KI-Technologien manuell entwickelt, implementiert und verbessert werden müssen. Dementsprechend ist und bleibt das Erlernen von Codingsprachen und -prozessen für Entwickler*innen absolut relevant. Vielmehr ist zu erwarten, dass die KI-Teilprozesse vereinfacht und sich Entwickler*innen anspruchsvolleren Aspekten der Softwareentwicklung widmen werden, beispielsweise indem sie die Architektur der Gesamtfunktionalität im Auge behalten.
Der perfekte Werkzeugkasten für zukünftige Tech-Profis
In Anbetracht der erweiterten Anforderungen im Berufsfeld von Software-Entwickler*innen stellt sich die Frage, wie das perfekte Profil für künftige IT-Profis aussieht. Ein besonders vielversprechendes Potenzial liegt in Anwendungsfeldern wie Data Analytics, Machine Learning, Cloud Computing und Cybersecurity. Somit bleibt Python eine äußerst gefragte Sprache für Data Science, AI-Entwicklung und Webentwicklung. In der Aus- und Weiterbildung ist es jedoch ratsam, sich nicht nur auf das Erlernen der traditionellen Coding-Sprache zu konzentrieren. Ein klarer Fokus sollte auf Strategien für eine hybride Arbeitsweise liegen, die technische Expertise mit betriebswirtschaftlichem Verständnis verbinden. Somit gilt es, Fähigkeiten in datengetriebener Entwicklung, maschinellem Lernen, Data Science, künstlicher Intelligenz, DevOps und User Experience auszubauen, um sich für Schlüsselrollen im Tech-Sektor zu qualifizieren.
Lebenslanges Lernen als Schlüssel für ein wettbewerbsfähiges Qualifikationsprofil
Betrachtet man die langfristig prognostizierten Auswirkungen der sich rasant transformierenden Tech-Branche, so merkt man schnell, dass der Begriff des lebenslangen Lernens immer mehr an Bedeutung gewinnt. Denn die Vielzahl an schnelllebigen Trends und sich rasch wandelnder Technologien zeigt, wie wichtig es ist, sich an diesen zu orientieren, die eigenen Skills stetig daran anzupassen und sich entsprechend fortzubilden. Gute Anlaufstellen für besonders gezielte und zeiteffiziente Weiterbildungsmaßnahmen bieten dabei solche Angebote, die flexibel und praxisorientiert sind und sich darüber hinaus neben dem Beruf einbauen lassen. Mit der dort erlernten Expertise können Absolvent*innen einen großen Mehrwert für die Entwicklung sowohl von kleineren Start-ups als auch von großen Tech-Konzernen darstellen und somit wettbewerbsfähig für den Arbeitsmarkt der Zukunft bleiben.
Über den Autor
Marc Peter Dauter ist Geschäftsführer von Le Wagon Deutschland. Als Berater und Teamleiter für Digitalisierung bei der Bundesagentur für Arbeit setzte er sich bereits mit dem Fachkräftemangel im IT-Bereich und den Herausforderungen des deutschen Arbeitsmarktes auseinander.
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