KI-Integration im Unternehmen: So arbeitet WAGO mit Richtlinien, Netzwerken und Offenheit

Eine Person steht hinter einem Tisch.

WAGO beschäftigt sich als international tätiger Anbieter für Automatisierungs- und Verbindungstechnik seit vielen Jahren mit künstlicher Intelligenz. Dr. Nadine Heitmann erklärt im Interview, warum KI für WAGO ein Querschnittsthema ist – und weshalb verbindliche Regeln und Ethik genauso wichtig sind wie technologische Innovation.

Die WAGO Gruppe mit Hauptsitz in Minden entwickelt Produkte für elektrische Verbindungs- und Automatisierungstechnik. Weltweit arbeiten rund 9.000 Mitarbeitende für das Unternehmen, dessen Lösungen in Industrie, Energietechnik, Gebäudeautomation und weiteren Bereichen zum Einsatz kommen. Neben technologischer Weiterentwicklung setzt WAGO auf eine strukturierte und verantwortungsbewusste Integration von Künstlicher Intelligenz in die eigene Organisation.


Ein zentrales Instrument ist das interne Netzwerk AI Center of Excellence (AICE), das Akteur:innen aus verschiedenen Unternehmensbereichen miteinander vernetzt. Im Interview spricht Dr. Nadine Heitmann, Vice President Corporate Analytics und Leiterin des AICE, über die Rolle von KI als Querschnittsthema, über unternehmensweite Richtlinien und über ethische Fragen, die im Kontext generativer Systeme zunehmend relevant werden.


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Worum handelt es sich bei dem AI Center of Excellence bei WAGO?

Unser AICE ist ein internes Netzwerk, in dem sich alle Personen, die bei uns mit KI zu tun haben, austauschen können. Es wurde vor zwei Jahren ins Leben gerufen, weil uns klar war, dass künstliche Intelligenz etwas Neues ist, das über kurz oder lang jeden Bereich unseres Unternehmens betreffen kann. Allen voran die sogenannte generative KI. Künstliche Intelligenz ist also ein Querschnittsthema und deshalb sollten auch viele gemeinsam darüber nachdenken und ihre Perspektive einbringen. Es gibt die IT-Komponente, es gibt Fragen der Regulatorik, es gibt Fragen, wie KI unser Geschäftsmodell verändern kann und auch unsere Arbeitswelt. Das alles muss geklärt und auch gut kommuniziert werden. Am Anfang von AICE stand ein Workshop, wo wir uns gefragt haben, wie wir uns grundsätzlich zur KI stellen, welche Fragestellungen relevant sind und wie wir strukturell vorgehen sollten. Daraus ist schließlich das Netzwerk entstanden.

Die Gründung von AICE fällt zeitlich in etwa zusammen mit der Veröffentlichung von ChatGPT. Ist das ein Zufall?

Wir bei WAGO beschäftigen uns mit der klassischen KI, also etwa dem Machine Learning, schon seit vielen Jahren. Generative KI war in Fachkreisen auch schon eine Weile bekannt, wurde aber erst mit ChatGPT einer großen Öffentlichkeit, einem großen Nutzerkreis zugänglich. Für uns war das ein zusätzlicher Impuls. Aber wir hatten schon länger überlegt, dass wir eine Plattform brauchen, auf der unterschiedliche Akteure mit unterschiedlicher Sicht auf KI und unterschiedlichen Interessen zusammenkommen.

Wie ist die Haltung der Mitarbeiter insgesamt zu KI? Gibt es Vorbehalte?

Das Bild dürfte differenziert sein, ist jedoch überwiegend positiv besetzt. Das liegt sicher auch daran, dass wir die Fragestellungen rund um das Thema künstliche Intelligenz intern sehr offen und transparent kommunizieren. Wir wollen das Thema einfach entmystifizieren. Eine wichtige Stellschraube ist Information. Wir veranstalten Workshops, veröffentlichen KI-relevante Beiträge in unserem Intranet. Wir sind auch Partner einer Informationsplattform für künstliche Intelligenz hier in der Region. Sie heißt Arbeitswelt.Plus. Dort haben wir gemeinsam mit der Universität Paderborn eine sogenannte KI-Lernreise ins Leben gerufen. Über einen längeren Zeitraum gab es jeden letzten Donnerstag im Monat eine zweistündige Vortragsveranstaltung, auf der Referenten ganz unterschiedliche Aspekte der KI vorgestellt haben. Dieses Format ist bei unseren Mitarbeitenden sehr gut angekommen. Bei manchen Vorträgen hatten wir über 200 Teilnehmende. Das zeigt uns, dass sich viele Mitarbeitende sehr für das Thema interessieren.

Das WAGO-interne Netzwerk AICE bietet KI-Verantwortlichen eine Plattform für interdisziplinären Austausch.

Gibt es in Ihrem Unternehmen Regeln für den Umgang mit KI?

Wir haben im vorigen Jahr eine organisationsweite KI-Richtlinie formuliert. Daran haben verschiedene Seiten mitgewirkt. Auch der Betriebsrat war von Anfang an mit dabei. Uns ist sehr wichtig, dass die Perspektive der Mitarbeitenden angemessen berücksichtigt wird. Bei der Gestaltung unserer Richtlinie haben wir uns am AI-Act der EU orientiert. Darüber hinaus haben wir auch technische Aspekte berücksichtigt, zum Beispiel die Datensicherheit. Diese Richtlinie wurde intern veröffentlicht. Ziel ist es, den Menschen im Unternehmen einen sicheren Rahmen zu geben, innerhalb dessen sie sich bewegen können.

Ist der AI-Act der EU eine gute Sache?

Ich persönlich finde das EU-Regelwerk vorteilhaft. KI ist eine Technologie, die sich sehr schnell entwickelt. Da ist es gut, dass die Unternehmen einen bestimmten Rahmen bekommen, an dem sie sich orientieren können. Jetzt muss das jedes Unternehmen für sich umsetzen. Man kann sagen, dass die EU mit ihrer Regelung relativ schnell war. Man könnte aber auch sagen, dass sie nicht schnell genug war. Wenn man sich ansieht, welchen Boom die Veröffentlichung von ChatGPT ausgelöst hat und was seither schon alles passiert ist. Natürlich sollte Innovation nicht blockiert werden, aber es ist wichtig, dafür einen Rahmen vorzugeben. Denn KI bringt ja nicht nur große Chancen, sondern auch Risiken.

Braucht es eine spezielle KI-Ethik?

Die aktuelle Diskussion über generative KI zeigt, dass sie durchaus gesellschaftsverändernd sein kann. Deshalb sollte der Mensch immer im Zentrum stehen. In der Anwendung von KI sollte man Grenzen setzen, die man nicht überschreiten darf. Natürlich ist es gut, durch KI Qualitäts- oder Effizienzsteigerungen zu erreichen, aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Deshalb sollte sich jedes Unternehmen genau überlegen, wo es KI einsetzt und wie es seine Mitarbeitenden unterstützt und schult. KI ist eben nicht bloß eine neue Technologie. Sie betrifft den Menschen auf vielfältige Weise.


Das vollständige Interview wurde ursprünglich auf karrieretag-familienunternehmen.de veröffentlicht.


Interview: Bärbel Brockmann


In dieser Reihe haben wir die selbstgewählten Personenbezeichnungen der Interviewpartner beibehalten. Dadurch entstehen Unterschiede in der Genderschreibweise.


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